Chemie-Rätsel gelöst
Ein Freiburger Forschungsteam hat erstmals die Struktur eines nicht klassischen Carbokations aufgeklärt
© Ingo Krossing
Der strukturelle Aufbau des 2-Norbornylkations widerspricht dem gängigen Bild von Molekülen. Und doch: Zur Erklärung gewisser chemischer Reaktionen scheint diese kurzlebige Zwischenstufe existieren zu müssen. Tatsächlich wurde das Molekül schon lange synthetisiert, aber sein Aufbau ist analytisch schwer zu fassen. Der Grund dafür ist die schnelle Wanderung der Wasserstoffatome auch im isolierten Kristall. Ein klarer Beweis, wie die Bindungen im Molekül verteilt sind, stand deshalb bisher noch aus. In ihrem Artikel berichten die Forscher nun über die Methode, mit der ihnen die Röntgenstrukturanalyse des 2-Norbornylkations schließlich gelang. Bei diesem Verfahren werden Röntgenstrahlen durch einen Kristall gelenkt. Der Aufbau des Moleküls lässt sich dann anhand der Beugung der Strahlen in der Kristallstruktur herleiten. In diesem speziellen Fall musste die Temperatur dazu nach einem aufwändigen Verfahren durch zyklischen Temperaturveränderungen langsam auf –233 Grad Celsius gesenkt werden, um die Wanderung der Wasserstoffatome bei tiefster Temperatur in der Ruhelage einzufrieren.
Schon der Chemie-Nobelpreisträger Prof. Herbert Charles Brown hatte die erste Beschreibung der nicht klassischen Carbokationen des Chemikers Prof. Saul Winstein 1949 kritisiert und einen eindeutigen experimentellen Beweis verlangt. Auch die klassischen Carbokationen mit bis zu drei Bindungen und einer positiven Ladung galten lange als Hirngespinst und ihre Darstellung wurde sogar von Fachzeitschriften zensiert. In den 1960er Jahren gelang es dank der Arbeiten des Chemie-Nobelpreisträgers Prof. George Andrew Olah, sie mit spektroskopischen Verfahren nachzuweisen. Anders bei den nicht klassischen Carbokationen: Die außergewöhnliche Bindungssituation des Kohlenstoffs und die Verteilung der positiven Ladung über mehrere Kohlenstoffatome führte unter führenden Chemikerinnen und Chemikern zu einem wissenschaftlichen Streit über die Existenz dieser Verbindungen, der ein Vierteljahrhundert lang währte – und der nun mit den Ergebnissen der Freiburger Forscher entschieden ist.
Originalveröffentlichung
F. Scholz, D. Himmel, Crystal Structure Determination of the Nonclassical 2-Norbornyl Cation. In: Science 341 (6141), S. 62-64, 2013
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