Vom Daten- zum Energiespeicher

Nachwuchsforscherin will neuartige Batterie aus Speicherchip-Material konzipieren

05.09.2013 - Deutschland

Der Schritt von der Entwicklung revolutionärer Computerchips zur Konzipierung einer neuartigen Batterietechnologie kann manchmal ein recht kleiner sein: Doktorandin Juliane Hanzig von der TU Bergakademie Freiberg forschte bis vor kurzem noch in der Landesexzellenzinitiative ADDE daran, die kristalline Struktur von Strontiumtitanat als Datenspeicher zu nutzen. Hierbei entdeckte die Naturwissenschaftlerin, dass sich diese chemische Verbindung von Strontium, Titan und Sauerstoff nicht nur über defektchemische Prozesse zum Speichern von Datenmengen eignet, sondern auch elektrische Energie in sich aufnimmt und speichert. Das hat Juliane Hanzigs Blick auf den Kristall nachhaltig verschoben und damit auch ihr Aufgabengebiet: Seit Anfang diesen Jahres ist die 26-jährige nun Teil der Forschergruppe „CryPhysConcept“. Ein Patent ist bereits eingereicht.

„Wir haben nachgewiesen, dass sich dieses Material als Energiespeicher eignet. Nun gilt es, die Idee in weiteren Schritten zu optimieren“, gibt sich Juliane Hanzig zuversichtlich. Dabei handelt die Forschung den Kristall Strontiumtitanat bislang eher als Datenspeicher der Zukunft. Anders als bei den bisherigen Materialien, die in Computerchips verbaut sind, werden die Daten hier nämlich nicht magnetisch eingelesen, sondern über elektrochemische Prozesse. Das lässt Speichermengen aber auch Auslesegeschwindigkeiten einer neuen Qualität erwarten und damit noch schnellere Computer. Die Forscher am Institut für Experimentelle Physik der TU Bergakademie interessiert jedoch auch die Fähigkeit des Kristalls, Energie zu speichern, um daraus neuartige Batterien zu konzipieren: "Wir wollen nicht bereits bestehende Technologien verbessern, sondern komplett neue Konzepte entwickeln, also ganz neu denken", beschreibt Projektmanager Dr. Tilmann Leisegang den Freiberger Ansatz. So beschäftigt sich eine weitere Nachwuchsforschergruppe der Bergakademie mit dem Namen „PyroConvert“ derzeitig mit der Eigenschaft von Kristallen, die Umgebungswärme in elektrische Energie umzuwandeln.

Der Ansatz von Doktorandin Hanzig, die bereits während ihrer Diplomarbeit unter Betreuung von Prof. Dirk C. Meyer, der beide Forschergruppen leitet, an Strontiumtitanat forschte, unterscheidet sich davon: Sie möchte nichts umwandeln, sondern legt ein elektrisches Feld an den Kristall an und fügt ihm damit Energie zu, die er speichert. Hierbei ändert sich die Kristallstruktur des Oxids: Ist der Ausgangszustand von Strontiumtitanat kubisch, verzerrt sich die Struktur des Kristalls durch das elektrische Feld und wird in seiner Symmetrie gebrochen. Es wandern sogenannte Sauerstoffvakanzen infolge des elektrischen Felds und verteilen sich neu. In Form dieser neuen Verteilung speichert der Kristall so die elektrische Energie. Dieses Forschungsergebnis hat Beachtung gefunden: Erst kürzlich erschien ein wissenschaftlicher Artikel dazu in der renommierten Forschungszeitschrift „Physical Review B“.

Ist Strontiumtitanat, das in der Natur nur äußerst selten zu finden ist und für technische Anwendungen synthetisch erzeugt werden kann, also nicht nur das Material für die Datenspeicher, sondern auch für die Energiespeicher der Zukunft? Eine Stärke des Kristalls liegt zumindest in seiner Umweltfreundlichkeit; er ist nicht toxisch. „Das Recycling wäre auch deswegen unkompliziert, weil das Batterie-Innere nur aus einem Material bestehen würde. Denn Strontiumtitanat fungiert sowohl als Anode, Kathode, Separator und Elektrolyt“, erklärt Hanzig. Ein weiterer Vorteil liegt in der chemischen und thermischen Stabilität der Batterie: „Sie kann also nicht erhitzen und brennen, wie zuletzt die Flugzeugbatterien bei Boeing.“ Nur den Speicherdichten sind bislang noch Grenzen gesetzt, doch das wird sich ändern, ist sich Hanzig sicher: „Ich bin optimistisch, dass da noch Luft nach oben ist.“

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