Teilchenphysik trifft Quantencomputer

10.01.2014 - Deutschland

Bereits 1982 hat der Physik-Nobelpreisträger Richard Feynman die ersten Ideen zu einem Quantencomputer entwickelt. Forscher in aller Welt arbeiten heute intensiv an der Entwicklung eines solchen Gerätes, das extrem schwierige mathematische Probleme in unerreichter Geschwindigkeit lösen könnte. Ein Forscherteam am Institut für Quantenoptik der Leibniz Universität Hannover und an der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) in Braunschweig unter Leitung von Prof. Christian Ospelkaus möchte nun Anleihen beim Quantencomputer machen, um eine sehr anspruchsvolle teilchenphysikalische Messungen mit Materie und Antimaterie zu unternehmen. Die Europäische Union fördert das Projekt QLEDS (Quantum Logic Enabled Test of Discrete Symmetries) mit einem ERC Starting Grant in Höhe von rund 1,6 Millionen Euro.

Das Standardmodell der Teilchenphysik, durch den Nachweis des Higgs-Bosons gerade wieder beeindruckend bestätigt, ist eine extrem erfolgreiche Theorie. Es beschreibt Elektrizität und Magnetismus, warum die Atomkerne zusammenhalten, sowie die bekannten Elementarteilchen und ihre Reaktionen. Dieses Standardmodell kann trotz seiner großen Erfolge leider nicht erklären, warum sich Massen anziehen, warum es mehr Materie als Antimaterie im Universum gibt, oder was es mit der rätselhaften „dunklen Materie“ im Weltall auf sich hat. Forscher in aller Welt suchen deshalb nach einer neuen einheitlichen Theorie, die alle physikalischen Kräfte gemeinsam beschreiben soll.

Zu jedem Teilchen existiert ein zugeordnetes Antiteilchen. Das Standardmodell sagt voraus, dass Teilchen und Antiteilchen dieselbe Masse, dieselbe Lebensdauer, und betragsmäßig gleiche Ladungen und magnetische Momente, also Elementarmagnete, besitzen. Hier setzt nun das Projekt QLEDS an. Hinweise auf neue Physik jenseits des Standardmodells wollen die beteiligten Forscher aus einem extrem genauen Vergleich der magnetischen Momente von Protonen und Antiprotonen erhalten. Die Messung selbst einer minimalen Abweichung ließe sich nur im Rahmen von Physik jenseits des Standardmodells erklären. Dies könnte zum Verständnis ungeklärter Fragen bezüglich Gravitation, Materie und Antimaterie und dunkler Energie einen wichtigen Beitrag leisten.

Das Forscherteam will dazu einzelne Protonen und Antiprotonen mit Hilfe von Methoden, wie sie für Quantencomputer auf Basis einzelner Ionen entwickelt worden sind, kühlen und detektieren. Die Forscher erhoffen sich davon eine wesentlich kürzere Messzeit und einen genaueren Vergleich der magnetischen Momente von Protonen und Antiprotonen, als es mit konventionellen Methoden möglich ist. Die Grundidee basiert auf einem Vorschlag des Physik-Nobelpreisträgers 2012, David Wineland, in dessen Gruppe Christian Ospelkaus an der Entwicklung eines Quantencomputers auf Basis einzelner Ionen mitgearbeitet hat, bevor er im Rahmen des Exzellenzclusters QUEST (Centre for Quantum Engineering and Space-Time Research) als Professor an die Leibniz Universität Hannover und an die PTB berufen wurde. Nach erfolgreicher Demonstration des Messprinzips mit Protonen soll die Apparatur am CERN in der Schweiz aufgebaut werden, da entsprechend langsame Antiprotonen momentan nur dort erzeugt werden können.

Die Arbeitsgruppe in Hannover und Braunschweig liefert damit einen Beitrag zur internationalen Kollaboration BASE, die sich Präzisionsmessungen mit Protonen und Antiprotonen verschrieben hat und in diesem Frühjahr am CERN offiziell etabliert worden ist. An BASE sind Wissenschaftler des japanischen Forschungszentrums RIKEN, des Max-Planck-Instituts für Kernphysik in Heidelberg, der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, des GSI Helmholtzzentrums für Schwerionenforschung in Darmstadt, der University of Tokyo, sowie das QLEDS-Team an der Leibniz Universität Hannover und der PTB in Braunschweig beteiligt.

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