Freie Pfade: Ein möglicher Kandidat für effizientere Festoxidbrennstoffzellen aus Bismut und Iridium

02.06.2014 - Deutschland

Zum Bau von Festoxid-Brennstoffzellen zur dezentralen Energieversorgung benötigt man Sauerstoffionenleiter: Materialien, die Sauerstoff als Ionen einlagern, transportieren und wieder abgeben können. Deutsche Forscher haben jetzt eine ungewöhnliche Verbindung gefunden, bei der es sich um einen metallischen Sauerstoffionenleiter handelt, der erste seiner Art und zugleich der erste bei Raumtemperatur aktive. Wie sie in der Zeitschrift Angewandte Chemie berichten, ist seine Aktivierungsenergie für den Sauerstoffionentransport um eine Größenordnung geringer als in allen bisher bekannten Materialien.

Die meisten Stoffe, die die Einlagerung von Molekülen als Ionen ermöglichen, sind schichtartig aufgebaute Verbindungen wie Graphit oder Tonminerale. Im Falle der Einlagerung von Oxidionen und deren Transport in Festkörpern ist aus Festoxidbrennstoffzellen das keramische Material YSZ (Yttrium-stabilisiertes Zirkoniumdioxid) bekannt, was bei mehreren hundert Grad Celsius seine Leitereigenschaften erreicht. Sauerstoffionenleitung mit vollständig reversibler Sauerstoffaufnahme in eine metallische Verbindung konnte noch nie beobachtet werden. Das Team um Michael Ruck hat jetzt eine solche entdeckt: Eine bisher nicht charakterisierte nanopartikuläre Verbindung aus den Metallen Bismut und Iridium (Bi3Ir) aktiviert bereits bei Raumtemperatur spontan molekularen Sauerstoff aus der Luft oder aus Flüssigkeiten und baut diesen als Oxidionen ein. Wie die Forscher von der Technischen Universität Dresden, der Universität Münster und der Universität Gießen zeigen, handelt es sich dabei nicht um eine gewöhnliche Oxidation, sondern um eine Einlagerung von Sauerstoff zwischen die intermetallische Strangstruktur. Diese sogenannte Interkalation ist vollständig reversibel: Durch Behandlung mit Hydrazin bei Raumtemperatur oder mit Wasserstoff bei 150 °C wird der Sauerstoff entfernt und die Ausgangsstruktur wiederhergestellt.

Die Nanopartikel sind nur etwa 60 nm groß und besitzen eine amorphe Hülle, die für die Aktivierung des molekularen Sauerstoffs entscheidend ist. Wie mittels Röntgenbeugung und Elektronenmikroskopie ermittelt werden konnte, ändert sich die Kristallstruktur durch die Sauerstoffeinlagerung kaum. Modellrechnungen ergaben, dass lediglich eine Vergrößerung der Abstände zwischen den intermetallischen Strängen stattfindet und somit Platz zur Sauerstoffionendiffusion und -einlagerung geschaffen wird. Diese Transportpfade sind geradlinig, zudem gibt es eine Fülle direkt benachbarter, gut zugänglicher Lücken.

„Dies erklärt die schon bei Raumtemperatur enorm hohe Mobilität der Oxidionen“, so Ruck. „Die Substanz bleibt trotzdem metallisch, weil die Bismutatome an die Iridiumatome gebunden bleiben.“ Die Forscher hoffen, dass ihre Entdeckung aufgrund der bereits bei tiefen Temperaturen stattfindenden Sauerstoffionenleitfähigkeit einen Beitrag zur Entwicklung von effizienteren Festoxidbrennstoffzellen liefert, da diese bisher Betriebstemperaturen von 600 °C und mehr benötigen. Durch die enorme Empfindlichkeit und Reaktivität des Materials gegenüber molekularem Sauerstoff ist außerdem der Einsatz in der Sensor- und Katalysetechnik denkbar.

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