Forscher präsentieren MEMS-Gitter-Spektrometer im Würfelzuckerformat
Fraunhofer IPMS entwickelt MEMS-Technologie für die Spektroskopie im mittleren Infrarotbereich
© Fraunhofer IAF
Umweltverschmutzung, Industrieunfälle oder auch Terroranschläge: es gibt viele Ursachen dafür, dass die Gesundheit von Mensch und Umwelt durch entweichende Giftstoffe in Gefahr gerät. Um mögliche Risiken einschätzen und rechtzeitig reagieren zu können, müssen Art und Konzentration potenziell gefährlicher Substanzen möglichst zeitsparend qualitativ und quantitativ bestimmbar sein. Die Spektroskopie, bei der Stoffe beleuchtet und Intensität und spektrale Zusammensetzung des von der Probe beeinflussten Lichts analysiert werden, ist hierfür prädestiniert. Denn die Messung mittels elektromagnetischer Strahlung ist berührungsfrei und, da jedes Molekül sein eigenes einzigartiges Infrarotspektrum (»Fingerabdruck«) hat, auf sehr viele verschiedene feste, flüssige oder gasförmige Stoffe anwendbar. Die Herausforderung für die Forscher besteht darin, die Messtechnik auf eine robuste kompakte Bauform zu bringen und dazu zu befähigen, im mittleren Infrarotbereich einen möglichst großen Wellenlängenbereich abzudecken, um so möglichst viele relevante Gase oder auch komplexere Moleküle identifizieren zu können.
Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, arbeitet das Fraunhofer IPMS im Rahmen des Europäischen Verbundforschungsprojektes »MIRIFISENS – Mid Infrared Innovative Lasers for Improved Sensor of Hazardous Substances« mit 17 weiteren Projektpartnern aus 9 Ländern gemeinsam an der Entwicklung einer neuartigen, handlichen durchstimmbaren monochromatischen Strahlungsquelle für den mittleren Infrarotbereich. Diese bildet die technologische Grundlage für die Entwicklung handlicher Spektrometer, die in der Lage sind, die Konzentration verschiedener Gefahrstoffe schnell und vor Ort zu ermitteln. Herzstück des Systems ist ein miniaturisierter Quantenkaskadenlaser (QCL), der am Fraunhofer-Institut für Angewandte Festkörperphysik IAF in Freiburg entwickelt wird. Dieser deckt einen großen Bereich der für den spektroskopischen „Fingerabdruck“ wichtigen Wellenlängen im mittleren Infrarot abdeckt. Um das Licht des Quantenkaskadenlasers auf definierte Wellenlängen einstellen zu können, haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Fraunhofer IPMS ein lichtstarkes Beugungsgitter mit 5 mm Durchmesser entwickelt. Das mikromechanisch gefertigte Beugungsgitter agiert dabei als durchstimmbarer externer Resonator des Quantenkaskadenlasers. Es erlaubt das Durchfahren der Laserwellenlänge mit einer Frequenz von 1000Hz, mit einem Durchstimmbereich von bis zu 20 Prozent der Zentralwellenlänge.
Im Zeitmultiplex kann so die Probe mit unterschiedlichen Wellenlängen bestrahlt und mittels des »Fingerabdrucks« auf Art und Konzentration der Gefahrstoffe geschlossen werden. Projektleiter Dr. Jan Grahmann erklärt die Vorteile der MEMS-Technologie so: »Elektrostatisch angetriebene MEMS-Gitterspiegel sind wesentlich kompakter als Galvanoscanner, verursachen so gut wie keine Geräusche und erlauben wegen ihres geringen Gewichts sehr hohe Scanfrequenzen. In der Kombination mit miniaturisierten Laserquellen sind sie ideal für die Integration in mobil einsetzbare handliche Sensorsysteme, die einfache Messungen vor Ort oder auch eine Integration in industrielle Messtechnik in Produktions- und Verarbeitungsanlagen erlauben«.
Auf der Photonics West in San Francisco vom 7. bis 12. Februar 2015 stellt Dr. Jan Grahmann die Technologie am 12. Februar 2015 in einem Vortrag mit dem Titel »Large MOEMS diffraction grating results providing an EC-QCL wavelength scan of 20%« der Fachöffentlichkeit vor. Besucher der begleitenden Ausstellung vom 10. bis 12. Februar 2015 haben außerdem die Möglichkeit, sich am Stand des Instituts 4409 in der Halle Nord von den Möglichkeiten der Miniaturisierung durch MEMS-Scanning Grating-Technologie zu überzeugen. Dort präsentiert das Institut eine Weiterentwicklung des vor zwei Jahren erstmals präsentierten Scanning Grating Spektrometers für den NIR-Bereich. Das System, das am Beispiel der Unterscheidung verschiedener Pulver wie Zucker, Süßstoff und Salz demonstriert wird, ist mit einem Volumen von nur 2,1 cm³ etwa 30% kleiner als ein gewöhnliches Stück Würfelzucker und wird über ein gewöhnliches Smartphone gesteuert. Es erlaubt Messungen im Wellenlängenbereich von 950 nm bis 1900 nm bei einer spektralen Auflösung von 10 nm. Damit ist die Technologie für die Analyse unterschiedlichster organischer Verbindungen und vielfältige Anwendungen wie zum Beispiel tragbare Messgeräte für die Nahrungsmittelindustrie, mobile medizintechnische und pharmakologische Analysegeräte, industrielle in situ-Qualitätstests oder Frühwarn- und Überwachungssysteme in Sicherheitsanwendungen und Gebäudemanagement interessant.
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