Kosmetik: Fraunhofer-Institut entwickelt Ersatzmaterialien für Mikroplastik

19.10.2015 - Deutschland

Plastikpartikel in kosmetischen Pflegeprodukten sind ein Problem für die Umwelt: Sie gelangen über das Abwasser ins Meer und so in die Nahrungskette. In einem Forschungsprojekt möchten Wissenschaftler des Fraunhofer-Instituts für Werkstoffmechanik IWM in Halle zusammen mit Industriepartnern solche Mikroplastikpartikel in Zahncremes und Körperpeelings durch biologisch abbaubare Stoffe ersetzen. Das Projekt im Rahmen des Spitzenclusters BioEconomy könnte nicht nur der Umwelt helfen, sondern auch neue Einsatzmöglichkeiten für nachwachsende Rohstoffe eröffnen.

© Fraunhofer IWM

Cellulosepartikel aus Buchenholz (hier in rasterelektronenmikroskopischer Aufnahme) sollen in verschiedene Pflegeprodukte eingearbeitet werden.

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Anschließend werden die Produkte im Labor auf ihre abrasive bzw. reinigende Wirkung bewertet.

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Viele Kosmetikprodukte wie Körperpeeling oder Zahncreme enthalten kleinste Kunststoffteilchen, sogenannte Mikroplastikpartikel. Sie sorgen als »sanfte Abrasiva« dafür, abgestorbene Hautschuppen zu entfernen und die Durchblutung der Haut anzuregen oder werden als Stabilisatoren eingesetzt – ihr Anteil an einem Produkt kann bis zu 90 Prozent betragen.

Mikroplastikpartikel sind praktisch nicht biologisch abbaubar und mit einer Größe unter 5 Millimetern in der Regel zu klein, um von Kläranlagen effektiv entfernt werden zu können. Somit gelangen die Partikel in die Umwelt. Im Meer gefährden sie die dort lebenden Organismen. Wegen dieser Folgen ist der Einsatz von Mikroplastikpartikeln in Kosmetikprodukten in einigen US-Bundesstaaten bereits verboten, auch auf EU-Ebene wird ein Verbot diskutiert. Etliche Hersteller haben deshalb bereits angekündigt, den Einsatz von Mikroplastikpartikeln zu reduzieren und sind auf der Suche nach Ersatzstoffen.

Dort setzt das Projekt KosLigCel an, das vom Fraunhofer-Institut für Werkstoffmechanik IWM in Halle koordiniert wird. »Für Mikroplastikpartikel in Kosmetikprodukten wird heute meist Polyethylen eingesetzt. Wir wollen stattdessen Partikel aus einem Naturprodukt nutzen: Cellulose, die aus Buchenholzresten hergestellt wird und die biologisch abbaubar ist. Wenn das gelingt, könnten wir dazu beitragen, die Umweltbelastungen durch Mikroplastikpartikel zu reduzieren«, sagt Projektleiterin Dr. Vanessa Sternitzke vom Fraunhofer IWM. Sie weist auf die Dimension des Problems hin: Im Jahr 2012 wurden laut einer Studie des United Nations Environment Programme allein in der EU 4300 Tonnen Mikroplastikpartikel in Pflegeprodukten eingesetzt.

Im Projekt KosLigCel, das eine Laufzeit von zwei Jahren hat und zum Spitzencluster BioEconomy des Bundesministeriums für Bildung und Forschung gehört, sollen unter anderem ein Körperpeeling und eine Zahncreme entwickelt werden. Projektpartner sind die CFF GmbH, ein Zellstoffverarbeiter aus Gehren (Thüringen), der für das Projekt Cellulose- und Ligninpartikel bereitstellt, sowie die Skinomics GmbH aus Halle, die vorrangig für die dermatologische Untersuchung der neuen Produkte zuständig ist.

Die besondere Herausforderung liegt darin, genau die Größe, Form, Härte und Oberflächenstruktur der Partikel zu finden, die für die gewünschten Eigenschaften sorgen und zugleich hautverträglich sind. Dazu soll die Cellulose aus Buchenholz speziell modifiziert und bis auf die Ebene der Mikrostruktur analysiert werden. Auch der Einsatz von Cellulose aus anderen Quellen, etwa Reststoffen der Hafer-, Weizen- und Maisproduktion, wird untersucht. Erstmalig wollen die Forscher auch den Einsatz von modifizierten schwefelfreien Organosolv-Ligninpartikeln in Kosmetikprodukten erproben.

Es gibt bereits einzelne Versuche, Mikroplastikpartikel in Kosmetikprodukten durch andere Materialien wie Wachs, Salz oder Olivenkerne zu ersetzen. Doch bisher sind solche Ersatzstoffe nie materialwissenschaftlich bewertet worden. Das wollen die KosLigCel-Projektpartner erstmals leisten. »Die wissenschaftlichen Herausforderungen sind noch groß, um einen Ersatz für Polyethylen zu finden, der genauso gut wirkt, aber im Gegensatz zu Polyethylen im Wasser biologisch abbaubar ist und möglichst kostengünstig hergestellt werden kann. Wir wollen möglichst genau herausfinden, welche Kriterien für die gewünschten Eigenschaften entscheidend sind. Wenn wir das wissen, können wir zuverlässig bewerten, welche Materialien besonders gut geeignet sind, Mikroplastikpartikel zu ersetzen«, erklärt Sternitzke den Ansatz.

Im Idealfall könnte die Nutzung von Cellulose dabei auch weitere Einsatzfelder erschließen. Im Gegensatz zu Polyethylen nimmt der Zellstoff nämlich auch Wasser und Öl auf und könnte damit dazu beitragen, die Langzeitwirkung von Feuchtigkeitscremes zu verbessern. Auch als Füllstoff in Aluminium-freien Deodorants kommen die Cellulose-Partikel infrage.

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