Bodenkrusten emittieren Stickoxide und salpetrige Säure

Biologische Bodenkrusten setzen große Mengen reaktiver Stickstoffverbindungen frei

03.12.2015 - Deutschland

Schon längere Zeit rätselten Forscher über die großen Mengen reaktiver Stickstoffverbindungen, die nach Regenfällen in Trockengebieten beobachtet wurden ohne sich einer Quelle zuordnen zu lassen. Licht ins Dunkel bringt nun eine Studie. Bettina Weber und ihre Kollegen vom Max-Planck-Institut für Chemie in Mainz, vom Max-Planck-Institut für Biogeochemie in Jena und vom Forschungszentrum Biodiversität und Klima in Frankfurt (BiK-F) konnten nachweisen, dass biologische Bodenkrusten aus Trockengebieten bei Befeuchtung Stickstoffmonoxid (NO) und salpetrige Säure (HONO) abgeben. Die beiden reaktiven Stickstoffverbindungen spielen eine wesentliche Rolle bei der Produktion von Ozon und OH-Radikalen, die die Oxidations- und Selbstreinigungskraft der Atmosphäre steuern.

Schon seit einigen Jahren sorgen kryptogame Schichten, die sich unter anderem aus Bodenkrusten zusammensetzen, für Aufsehen in der Erdsystem- und Klimaforschung. 2012 konnte ein Forscherteam unter Führung des MPI für Chemie zeigen, dass Bodenkrusten für rund die Hälfte der biologischen Stickstofffixierung an der Erdoberfläche verantwortlich sind. An die Frage, was mit den großen Mengen an fixiertem Stickstoff im weiteren Stoffkreislauf passiert, knüpften Bettina Weber und ihre Kollegen an. Nun ist es ihnen gelungen, eine erste Antwort zu finden und einen bisher unbekannten Freisetzungsprozess für reaktive Stickstoffverbindungen aufzudecken.
„Unsere Untersuchungen haben gezeigt, dass biologische Bodenkrusten in Trockengebieten NO und HONO freisetzen, wobei die Menge etwa 20 Prozent der global durch Böden freigesetzten Menge an Stickoxiden entspricht“, erläutert Bettina Weber, Gruppenleiterin in der Abteilung Multiphasenchemie am MPI für Chemie, und stellt heraus: „Während die Freisetzung von Stickstoffmonoxid bereits in anderen Studien gezeigt wurde, konnten wir nun erstmalig nachweisen, dass auch salpetrige Säure durch biologische Bodenkrusten gebildet und freigesetzt wird.“

Zuvor war vermutet worden, dass die Freisetzung von Stickstoffmonoxid auf abiotische Prozesse zurückzuführen ist. Das Team um Bettina Weber konnte jedoch nun eindeutig nachweisen, dass die in den Bodenkrusten enthaltenen Organismen für die Freisetzung verantwortlich sind.

Bettina Weber

Eine von Flechten und Blaualgen dominierte biologische Bodenkruste in der Sukkulentenkaroo Südafrikas.

Kleine Kraftwerke in kargen Gegenden

„Biologische Bodenkrusten sind wie kleine Kraftwerke“, erklärt Bettina Weber begeistert. „In diesen nur wenige Millimeter dicken Schichten verbirgt sich ein Konzentrat von Organismen, das aus Produzenten, Konsumenten und auch Destruenten besteht und somit eines der kleinsten Ökosysteme weltweit darstellt. Hier geschehen viele für das Erdsystem wichtige Prozesse auf kleinstem Raum.“ Wie die Studie zeigt, nehmen biologische Bodenkrusten in Trockengebieten offenbar eine Schlüsselrolle bei der Abgabe von atmosphärisch reaktiven Stickstoffverbindungen ein. „Niederschläge spielen dabei eine wichtige Rolle, da Nässe den Stoffwechselprozess in biologischen Bodenkrusten erst ermöglicht“, so Hang Su, ebenfalls Gruppenleiter in der Abteilung Multiphasenchemie am MPIC, der als Modellierer an der Analyse der Daten beteiligt war.

Hinzu kommt, dass erst vor kurzem ein Forscherteam mit Beteiligung des MPI für Chemie belegen konnte, dass kryptogame Schichten auch Lachgas und geringfügig Methan an die Atmosphäre abgeben. „Bisher wurden kryptogame Schichten nicht in globale Klimamodelle miteinbezogen. Angesichts der zahlreichen neuen Erkenntnisse über ihren starken Einfluss auf biogeochemische Kreislaufprozesse dürfen sie nun nicht mehr weiter außen vor gelassen werden“, fasst Hang Su zusammen.

Biologische Bodenkrusten nehmen rund ein Neuntel der Erdoberfläche ein. Da davon auszugehen ist, dass der Klimawandel das Vorkommen der Bodenkrusten, aber auch die Verteilung und Häufigkeit von Niederschlägen, weiterhin verändern wird, sollte der flächige Bodenbewuchs weiter untersucht und die Ergebnisse in Computermodelle der globalen Stoffkreisläufe eingebunden werden.

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