Rätsel um Effizienzverlust von Zinkoxid-basierten Farbstoffsolarzellen aufgeklärt
HZB/Mario Borgwardt
Die Ergebnisse sind im Rahmen einer Zusammenarbeit mit der australischen Monash-University am Joint Lab vom Helmholtz-Zentrum Berlin (HZB) und der Freien Universität Berlin (FU) entstanden und im Open Access Magazin von Nature, den Scientific Reports, online publiziert.
Die Energie der Sonne in Strom oder auch solaren Wasserstoff umzuwandeln, gelingt mit einer ganzen Reihe von Materialien. Eine wichtige Klasse von organischen Solarzellen besteht zum Beispiel aus Farbstoffen, die auf dem Halbleitermaterial Titandioxid (TiO2) aufgetragen sind. Dabei dienen die Farbstoffmoleküle als eine Art „Übersetzer“ für die Sonnenenergie. Sie fangen das Licht ein, wobei freie Ladungen entstehen, die dann im Titandioxid den Stromfluss ermöglichen. Allerdings ist TiO2 längst nicht optimal, Zinkoxid (ZnO) sollte aufgrund seiner Eigenschaften eigentlich viel besser als Elektrodenmaterial geeignet sein: Denn in ZnO sind die Ladungsträger wesentlich mobiler, so dass sie nach der Ladungstrennung rascher abfließen sollten. Außerdem lassen sich mit ZnO auf einfache Weise Nanoarchitekturen herstellen, die das Sonnenlicht besonders effizient einfangen.
Entwicklung angeregter Zustände im Detail untersucht
Dennoch ist es bisher nicht gelungen, mit ZnO Solarzellen zu bauen, die besser sind als diejenigen auf TiO2. Ein Team um Emad Aziz hat nun erstmals die Ursache direkt beobachtet und im „Joint Ultrafast Dynamics Lab in Solutions and at Interfaces“ im Detail untersucht. Das Joint Lab wird gemeinsam vom HZB und der FU Berlin betrieben. Es verfügt über eine Reihe modernster Laserinstrumente, darunter auch ein zeitaufgelöstes Photoelektronspektrometer, das ultrakurze XUV-Pulse von unter 45 Femtosekunden Dauer erzeugen kann. Diese ultrakurzen Lichtblitze ermöglichen es, sowohl die zeitliche als auch energetische Entwicklung angeregter Zustände in ultrakurzen Zeitabschnitten zu verfolgen.
Grenzflächenzustände als "Fallen" für die Ladungsträger identifiziert
„Unsere Messungen zeigen erstmals direkt, dass Ladungsträger durch Bildung eines Grenzflächenzustandes zwischen Farbstoff und Halbleiter an dessen Oberfläche eingefangen werden. Dadurch stehen sie nicht mehr unmittelbar als freie Ladungsträger zur Verfügung“, erklärt Mario Borgwardt, Doktorand im Team Aziz. Diese „eingefangenen“ Elektronen im Grenzflächenzustand bleiben länger an Ort und Stelle. Dadurch erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass sie durch Rekombination wieder „verloren“ gehen. Dies reduziert den Wirkungsgrad der Solarzelle.
Die Proben für das Experiment hat Prof. Leone Spiccias Team von der Monash University zur Verfügung gestellt. Durch den Besuch von Spiccia im letzten Jahr im Zuge seines Helmholtz International Fellowship Awards der Helmholtz-Gemeinschaft ist eine fruchtbare Kooperation entstanden, die grundlegend zum Erfolg dieses Projekts beigetragen hat.
Hinweise für das Design von Energiematerialien
Emad Aziz erläutert die Bedeutung der Ergebnisse: „Die Arbeit führt zu einem besseren Verständnis der Prozesse an der Grenzfläche zwischen Farbstoffmolekül und Halbleiter. Wir haben damit verstanden, wie Farbstoff und Halbleitermaterial miteinander kommunizieren. Damit können wir nun Ansätze finden, diese Kommunikation gezielt zu verbessern. Das ist nicht nur für das Design von Farbstoffsolarzellen wichtig, sondern auch um Materialsysteme für die photokatalytische Herstellung von Wasserstoff entwickeln zu können, also für die Speicherung von Sonnenenergie in Form des Brennstoffs Wasserstoff.“
Originalveröffentlichung
Mario Borgwardt, Martin Wilke, Thorsten Kampen, Sven Mähl, Manda Xiao, Leone Spiccia, Kathrin M. Lange, Igor Yu. Kiyan & Emad F. Aziz; "Charge Transfer Dynamics at Dye-Sensitized ZnO and TiO2 Interfaces Studied by Ultrafast XUV Photoelectron Spectroscopy"; Scientific Reports 6, Article number: 24422 (2016)