Rätsel um Mott-Isolatoren gelöst
Universelles Verhalten am Mott-Metall-Isolator-Übergang aufgedeckt
Ob Wasser zu Eis gefriert, Eisen entmagnetisiert oder eine Legierung supraleitend wird – für Physiker steckt dahinter immer ein Phasenübergang. Diese unterschiedlichen Phänomene versuchen sie zu verstehen, indem sie nach universellen Eigenschaften suchen. Forscher der TU Dresden und der Universität Frankfurt haben nun eine wegweisende Entdeckung bei einem Phasenübergang gemacht, der von einem elektrischen Leiter zu einem Isolator führt (Mott-Metall-Isolator-Übergang).
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Elektronen vor dem Hintergrund des Atomgitters – die Bestandteile eines Festkörpers. Die gegenseitige Abstoßung der Elektronen sorgt dafür, dass sie engen Kontakt vermeiden. Dies behindert den Elektronenfluss, und das System kann zu einem Isolator werden.
Copyright: Dr. Ulrich Tutsch
Die Ursache für den 1937 von Sir Nevill Francis Mott vorhergesagten Metall-Isolator-Übergang basiert auf der gegenseitigen Abstoßung der gleichnamig geladenen Elektronen, die für den Stromtransport verantwortlich sind. Entgegen der gängigen Lehrmeinung, wonach dieser Phasenübergang allein durch die Elektronen bestimmt wird, haben Forscher an der TU Dresden vor wenigen Jahren theoretisch vorhergesagt, dass das atomare Gitter des Festkörpers grundlegend diesen Übergang beeinflusst. Nun gelang die experimentelle Verifikation dieser Vorhersage wie in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift “Science Advances” berichtet wird.
Motiviert durch die theoretischen Arbeiten des TUD-Wissenschaftlers Dr. Markus Garst untersuchte das Team von Prof. Michael Lang vom Physikalischen Institut der Universität Frankfurt die Längenänderungen des Atomgitters nahe des Übergangs mit extrem hoher Auflösung. Dies war nur mit Hilfe einer selbst entwickelten, weltweit einzigartigen Technik möglich, die solche Messungen bei tiefen Temperaturen unter variablem äußerem Druck erlaubt. So konnte erstmals experimentell nachgewiesen werden, dass neben den Elektronen auch das Atomgitter – das Gerüst des Festkörpers - an diesem Phasenübergang maßgeblich beteiligt ist.
„Diese experimentelle Ergebnisse werden einen Paradigmenwechsel beim Verständnis eines der zentralen Phänomene aktueller Festkörperforschung einleiten“, urteilt Prof. Michael Lang. Der Mott-Metall-Isolator-Übergang wird nämlich mit außergewöhnlichen Phänomenen wie der Hochtemperatursupraleitung in Kupferoxid-basierten Materialien in Verbindung gebracht. Diese bieten ein enormes technisches Potenzial für zukünftige Anwendungen.
Die Ergebnisse bestätigen außerdem die Idee, dass in der Nähe des Phasenübergangs die Komponenten des Systems nicht nur mit ihren unmittelbaren Nachbarn wechselwirken, sondern aufgrund der Steifigkeit des Festkörpers über große Abstände hinweg „kommunizieren“. Dies ändert die universellen Eigenschaften am Phasenübergang. „Die aktuellen Erkenntnisse eröffnen einen neuen Blick auf den Mott-Metall-Isolator-Übergang und erlauben eine verfeinerte theoretische Beschreibung seiner Eigenschaften“, erklärt Privatdozent Dr. Markus Garst vom Institut für Theoretische Physik der TU Dresden.
Originalveröffentlichung
Elena Gati, Markus Garst, Rudra S. Manna, Ulrich Tutsch, Bernd Wolf, Lorenz Bartosch, Harald Schubert, Takahiko Sasaki, John A. Schlueter, and Michael Lang; "Breakdown of Hooke’s law of elasticity at the Mott critical endpoint in an organic conductor"; Science Advances; 2, e1601646 (2016).
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