Zeit- und Frequenzbild zur Erklärung ultraschneller atomarer Anregung in starken Laserfeldern
Grafik: MBI
Die Studie ist in der Fachzeitschrift Physical Review Letters erschienen und von den Editoren für ihre Bedeutung, Innovation und Breitenwirkung als Editors' Suggestion ausgezeichnet worden. Neben ihrer grundlegenden Aussage und Bedeutung zeigt die Arbeit verbesserte und neue Wege zur genauen Bestimmung der Laserintensität und zur laserintensitätsabhängigen Steuerung der kohärenten Zustandsbesetzung atomarer Niveaus auf.
Obwohl mit dem Keldysh Parameter, der bereits in den 1960er Jahren durch den namengebenden russischen Physiker eingeführt wurde, eine klare Unterscheidung zwischen dem Multiphotonen- und Tunnelbild vorgenommen wurde, ist es eine offene Frage geblieben, ob, insbesondere bei der Beschreibung der Anregung von Atomen durch intensive Laserfelder, die beiden scheinbar unvereinbaren Ansätze ineinander überführt werden können.
Der Multiphotonencharakter äußert sich z.B. im Auftreten resonanter Erhöhungen in der Anregung, sobald ein ganzzahliges Vielfaches der Photonenenergie der Anregungsenergie atomarer Zustände entspricht. Man muss jedoch berücksichtigen, dass sich die atomaren Niveaus mit zunehmender Laserintensität zu höheren Energien verschieben. Das führt dazu, dass auch bei festgehaltener Frequenz der Laserstrahlung resonante Effekte durch eine Erhöhung der Laserintensität auftreten. Diese erfolgen periodisch, immer dann, wenn die Energieverschiebung der Niveaus um eine Photonenenergie zugenommen hat. Diese Bereiche werden als channel closing bezeichnet (Abschluss eines Multiphotonenprozesses mit fester Photonenzahl), da gleichzeitig mit der erhöhten Anregung die Ionisation unterdrückt wird.
Im Tunnelbild wird das Laserfeld als elektromagnetische Welle betrachtet, von der nur das oszillierende elektrische Feld berücksichtigt wird. Anregung kann dabei als ein Prozess verstanden werden, bei dem das gebundene Elektron zunächst durch einen Tunnelprozess in der Nähe des Maximums eines Feldzyklus instantan freigesetzt wird. Das Elektron nimmt aber in vielen Fällen nicht genügend Driftenergie aus der Oszillation im Laserfeld auf, um sich am Ende des Laserpulses aus dem Coulombfeld seines Rumpfions zu befreien, was zur Ionisation des Atoms führen würde. Stattdessen findet es sich in einem angeregten Rydbergzustand wieder. Im Tunnelbild sind keine resonanten Effekte in der Anregung möglich, da das Laserfeld für den Tunnelprozess als statisch angenommen wird und dadurch die Frequenz des Lichtes zunächst unerheblich ist.
In der Studie wurde nun erstmalig die Ausbeute an angeregten Argon- und Neonatomen als Funktion der Laserintensität sowohl im Multiphotonen- als auch im Tunnelbereich direkt gemessen. Im Multiphotonenbereich wurden ausgeprägte resonante Erhöhungen in der Anregungswahrscheinlichkeit detektiert, insbesondere in der Nähe der regelmäßigen channel closings, während im Tunnelbereich die Anregungswahrscheinlichkeit keine resonanten Strukturen mehr zeigt. Allerdings konnte Anregung auch bei hohen Laserintensitäten jenseits der Intensitätsschwelle zur vollständigen Ionisation beobachtet werden.
Die numerische Lösung der zeitabhängigen Schrödingergleichung zur Beschreibung der untersuchten Atome im starken Laserfeld führte in beiden Bereichen zu einer exzellenten Übereinstimmung der Theorie mit den experimentellen Daten. Eine genauere Analyse der Ergebnisse zeigt, dass man die beiden Bilder als eine komplementäre Beschreibung im Frequenz- und Zeitraum von ein und demselben nichtlinearen Prozess ansehen kann. Im Zeitbild betrachtet kann man annehmen, dass in den Maxima der Feldzyklen periodisch Elektronenwellenpakete erzeugt werden. Im Multiphotonenbereich zeigt sich, dass diese Wellenpakete hauptsächlich im Laserpulsmaximum erzeugt werden und nur dann genau konstruktiv interferieren, wenn die Intensität in der Nähe der channel closings liegt. Damit ergeben sich reguläre Erhöhungen in der Anregungswahrscheinlichkeit jeweils quasi im Abstand der Photonenenergie. Im Tunnelbereich werden die Wellenpakete zwar auch periodisch bei den Maxima der Feldzyklen erzeugt, allerdings hauptsächlich im ansteigenden Teil des Laserpulses , sodass sie irregulär interferieren, was zu einem irregulären Verhalten in der Anregungswahrscheinlichkeit führt. Diese weniger ausgeprägten schnellen Änderungen werden im Experiment nicht aufgelöst und daher ein glattes Anregungsspektrum detektiert.