Warum Nanokristalle magnetisch werden und dabei auch noch das Licht anschalten
Nanokristalle sind Objekte mit Ausdehnungen von wenigen Milliardstel Metern. Für die Forschung und die Industrie sind sie ziemlich attraktiv, weil sie vergleichsweise einfach hergestellt werden können und vielfältig anwendbar sind – in der Photovoltaik, der Optoelektronik oder der medizinischen Diagnostik und Therapie. Obwohl fast drei Jahrzehnte intensiv geforscht wurde, gibt es immer noch offene Fragen. Eine davon hat ein internationales Wissenschaftler-Team unter der Leitung der TU Dortmund nun geklärt: Die Physiker haben herausgefunden, weshalb Nanokristalle unter bestimmten Bedingungen Licht aussenden obwohl dies eigentlich nicht möglich sein sollte.
Injiziert man – beispielsweise über Strom – Ladungsträger in einen Nanokristall mit dem Ziel, diese in Licht umzuwandeln, so fallen ihre Ladungen in den sogenannten Grundzustand. Dort bilden die geladenen Elementarteilchen eine „dunkle“ Konfiguration aus. Ursache hierfür ist der Eigendrehimpuls der Elektonen, also der Spin, der mit einem Kreisel vergleichbar ist. Im Grundzustand verhalten sich die Spins der injizierten Ladungsträger in ihrer Summe so, dass eine Umwandlung in Licht eigentlich nicht möglich ist – daher der Begriff „dunkel“. Dies würde ihren Einsatz in der Optoelektronik allerdings erheblich einschränken. Schließlich werden bei der Optoelektronik Bauelemente und Verfahren entwickelt, die elektrische Energie in Licht oder Licht in elektrische Energie umwandeln.
Obwohl eine Emission von Licht eigentlich nicht möglich ist, wurde trotzdem eine intensive Lichtemission aus diesem Grundzustand heraus beobachtet. Eine Kollaboration von Wissenschaftlern aus Gent, Paris, St. Petersburg und Washington hat unter Federführung von Prof. Dmitri Yakovlev aus dem Bereich Experimentelle Physik 2 der TU Dortmund den Grund für den scheinbaren Widerspruch gefunden. So weisen die Nanostrukturen an ihrer Oberfläche ungebundene Elektronen auf. Mit diesen Ladungen treten die injizierten geladenen Elementarteilchen in Wechselwirkung über sogenannte Flip-Flop-Prozesse. Dabei tauschen die Eigendrehimpulse einer injizierten Ladung und einer Ladung an der Oberfläche ihre Rotationsrichtung. Dadurch wird die ursprünglich dunkle Konfiguration hell, und Lichtemission ist möglich.
Dies hat aber auch noch eine weitere Konsequenz: Durch das wiederholte Umkehren der Spins nach jeder Injektion von Ladungen werden alle Spins der Elektronen an der Oberfläche entlang einer Richtung orientiert. Darüber wird der Nanokristall magnetisch, was ebenfalls aus der Lichtemission eindeutig hervorgeht. Das im Nanokristall vorhandene Magnetfeld ist nahezu um eine Million stärker als das Erdmagnetfeld. Die kollektive Orientierung der Oberflächenspins, ohne dass hierfür ein starkes externes Magnetfeld angelegt werden muss, war die Vision eines Pioniers der Spinphysik, Igor Merkulov aus St. Petersburg. Bedauerlicherweise hat er die Umsetzung seiner Vision nicht mehr miterleben dürfen, da er 2012 viel zu früh verstorben ist.
Originalveröffentlichung
Meistgelesene News
Originalveröffentlichung
Louis Biadala, Elena V. Shornikova, Anna V. Rodina, Dmitri R. Yakovlev, Benjamin Siebers, Tangi Aubert, Michel Nasilowski, Zeger Hens, Benoit Dubertret, Alexander L. Efros & Manfred Bayer; "Magnetic polaron on dangling-bond spins in CdSe colloidal nanocrystals"; Nature Nanotechnology; 2017
Themen
Organisationen

Holen Sie sich die Chemie-Branche in Ihren Posteingang
Mit dem Absenden des Formulars willigen Sie ein, dass Ihnen die LUMITOS AG den oder die oben ausgewählten Newsletter per E-Mail zusendet. Ihre Daten werden nicht an Dritte weitergegeben. Die Speicherung und Verarbeitung Ihrer Daten durch die LUMITOS AG erfolgt auf Basis unserer Datenschutzerklärung. LUMITOS darf Sie zum Zwecke der Werbung oder der Markt- und Meinungsforschung per E-Mail kontaktieren. Ihre Einwilligung können Sie jederzeit ohne Angabe von Gründen gegenüber der LUMITOS AG, Ernst-Augustin-Str. 2, 12489 Berlin oder per E-Mail unter widerruf@lumitos.com mit Wirkung für die Zukunft widerrufen. Zudem ist in jeder E-Mail ein Link zur Abbestellung des entsprechenden Newsletters enthalten.