Erste weltweite Umfrage zur Ausbildung im Chemical Engineering

27.09.2004

Chemieingenieure und Verfahrenstechniker sind begehrte Fachleute in den verschiedensten Industriebranchen. Doch wie sieht es weltweit mit der Qualität der Ausbildung aus? Wie gut sind sie für den Beruf gerüstet und wie sind die Berufschancen? Ist die fachliche Kommunikation in der heutigen globalisierten Welt bei der Bearbeitung gemeinsamer Projekte gewährleistet?

Das 2001 in Melbourne gegründete WCEC World Chemical Engineering Council (www.chemengworld.org) hat 2003 unter jungen Chemieingenieuren in den ersten fünf Berufsjahren die erste weltweite Umfrage "How does Chemical Engineering Education Meet the Requirements of Employment?" durchgeführt. Dabei standen nicht die spezifischen fachlichen Inhalte der Curricula, sondern die allgemeinen berufsqualifizierenden Fähigkeiten und Fertigkeiten im Mittelpunkt.

2.158 junge Chemieingenieure aus 63 Ländern haben sich daran beteiligt. Für sieben Länder (VR China, USA, Großbritannien, Mexiko, Deutschland, Frankreich, Australien) erlaubte die Datenmenge neben der Gesamtauswertung eine zusätzliche vergleichende länderspezifische Auswertung. Im Folgenden sind einige der wichtigsten Ergebnisse wiedergegeben.

Studiengebühren und Studiendauer

Chemieingenieurwesen ist nicht länger eine reine Männerdisziplin. Weltweit liegt der Anteil der Frauen bei rund 30 % und erreicht in den USA, Frankreich und Australien 40 %. Insgesamt haben 45 % aller Befragten Studiengebühren in Höhe von mehr als 1.000 US $ pro Jahr bezahlt. In den USA, Frankreich und Australien bezahlen mehr als die Hälfte der Studierenden Gebühren, während dies nur in Deutschland eine absolute Ausnahme darstellt. Die mittlere Studiendauer bis zur Promotion (PhD) beträgt 7,6 Jahre. Deutschland weist die gleiche Dauer auf, während die USA mit 8,8 Jahren deutlich darüber liegen. In Frankreich beträgt die Studiendauer bis zur Promotion nur 6 Jahre. Die mittlere Studiendauer bis zum Bachelor beträgt 4,5 Jahre, bis zum Master 5,3 Jahre. Die kürzesten Studienzeiten (3,8 Jahre Bachelor, 4,3 Jahre Master) erreicht Großbritannien. Eine vermutbare Verkürzung der mittleren Studiendauer durch Zahlung von Studiengebühren ließ sich nicht nachweisen.

Beste Chancen am Arbeitsmarkt

Ein Studium des Chemieingenieurwesens bietet weltweit beste Chancen am Arbeitsmarkt. 31 % aller Studierenden (35,1 % der Frauen, 26,1 % der Männer) beginnen unmittelbar nach dem Abschluß des Studiums mit ihrer beruflichen Tätigkeit. 90 % aller Absolventen erhalten eine Anstellung innerhalb von 6 Monaten nach Studienabschluß. Frauen beginnen ihre Berufstätigkeit durchschnittlich 0,8 Monate (2,2 Monate nach Abschluß) früher als die Männer (3,0 Monate nach Abschluß).

Internationalität des Studiums und der Berufstätigkeit

In Ländern wie China, USA und Mexiko wird überwiegend im eigenen Land studiert und auch dort mit der beruflichen Laufbahn begonnen. In Europa und Australien ist die Bereitschaft weitaus ausgeprägter, zumindest zeitweise im Ausland zu studieren und dort auch eine erste berufliche Tätigkeit aufzunehmen.

Viele und breite Einsatzgebiete für Chemieingenieure

Die Vermutung, Chemieingenieure fänden überwiegend in der chemischen, petrochemischen oder pharmazeutischen Industrie ihre erste Anstellung ist entweder überholt oder grundsätzlich falsch. Der erste berufliche Einsatz aller Befragten erstreckte sich auf insgesamt 27 Branchen. Besonders ausgeprägt ist die Bereitschaft nicht fachspezifischer Branchen zur Aufnahme von Chemieingenieuren in den Ländern USA, China, Frankreich und Australien. Am wenigsten ausgeprägt ist sie in Deutschland.

Ausbildung noch immer zu stark forschungsorientiert

Für insgesamt 26 allgemeine Fähigkeiten und Fertigkeiten wurden die Befragten gebeten, deren Bedeutung in der Ausbildung und bei ihrer beruflichen Tätigkeit in einer Skala von 1 bis 5 zu bewerten. Nur die Merkmale

- Sinn für die Bedeutung der Forschung und

- Fähigkeit zur Anwendung natur- und ingenieurwissenschaftlicher Grundlagen

waren bei den Absolventen stärker ausgeprägt als es von der beruflichen Praxis gefordert wird. Dies ist eine Folge des breiter gewordenen Einsatzspektrums von Chemieingenieuren und der Rückläufigkeit von Tätigkeiten in der industriellen Forschung, auf die sich die Ausbildung noch nicht voll eingestellt hat.

Deutliche Defizite bei wichtigen Fähigkeiten und Fertigkeiten

Als wichtigste Fähigkeiten für die berufliche Tätigkeit ergaben sich:

- Fähigkeit zur effektiven Teamarbeit,

- Fähigkeit zur Analyse von Informationen,

- Fähigkeit zur effizienten Kommunikation,

- Informationsbeschaffung und

- Befähigung zum selbständigen Lernen.

In all diesen Punkten zeigten sich Defizite oder zumindest ein Verbesserungsbedarf in der Ausbildung.

Als Fähigkeiten, bei denen die größten Ausbildungsdefizite vorliegen, erwiesen sich:

- geschäftsorientiertes Denken,

- Fähigkeiten im Management,

- Methoden des Projektmanagements,

- Methoden der Qualitätssicherung,

- Fähigkeit zur effizienten Kommunikation,

- Verständnis für Prinzipien des Marktes,

- Sinn für ethische und berufliche Verantwortung und

- Führungsfähigkeit.

PhD´s fühlen sich auf ihre berufliche Tätigkeit deutlich schlechter vorbereitet als Bachelors und Masters. Auch dies ist eine Folge der sinkenden industriellen Nachfrage nach einer forschungsintensiven Tätigkeit.

Qualität der Ausbildung

Die Befragten bescheinigten den Universitäten eine effiziente Studienorganisation und aussagekräftige Prüfungsmethoden sowie ausreichende Motivation und Feed back durch die Lehrkräfte. Am schwächsten wurde das Angebot hervorragender und anregender Vorlesungen bewertet, was beim akademischen Personal auf einen zu hohen Anteil von Mittelmaß schließen läßt. Die Qualität der Ausbildung wird von den Frauen kritischer bewertet als von den Männern.

Zufriedenheit mit der Berufswahl

85 % aller Befragten geben an, mit ihrer Entscheidung für ein Chemieingenieurstudium zufrieden zu sein. Bei den PhD´s sind es 91,7 %, bei Bachelors 87,6 % und bei Masters 85,1 %. Die Zahlung von Studiengebühren erhöht die Zufriedenheit mit der Studienwahl um 6 %. Für die Männer liegt die mittlere Zufriedenheit mit der Berufswahl bei 87,6 %, für die Frauen hingegen nur bei 81,5 %. Deutlich aus dem Rahmen fallen die weiblichen Chemieingenieure in Deutschland. Ihre Zufriedenheit mit der Berufswahl liegt bei nur 40 %

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