Pharmaforschung in Garching

30.08.2005

Die Forschungs-Neutronenquelle Heinz Maier-Leibnitz der TU München in Garching wird künftig verstärkt auch Projekten aus dem Bereich Pharmaforschung offen stehen. Langfristig soll sich hieraus ein eigener, exponierter Forschungsschwerpunkt entwickeln, der von den außergewöhnlichen technischen Gegebenheiten, dem hohen Neutronenfluss und der modernsten Instrumentierung der Garchinger Neutronenquelle profitiert. Ein erstes, kürzlich gestartetes Forschungsprojekt aus diesem Umfeld befasst sich mit der "Charakterisierung kolloidaler Arzneistoffträgersysteme und Arzneistoffdispersionen auf molekularer Ebene", die am hochauflösenden Flugzeitspektromenter TOFTOF untersucht werden.

An der Forschungs-Neutronenquelle Heinz Maier-Leibnitz untersuchen Dr. Tobias Unruh und sein Team erstmals nanodisperse Arzneistoffträgersysteme mittels der Neutronenspektroskopie. Mit dieser Methodik lassen sich die Struktur und Dynamik von Molekülen charakterisieren, um letztlich das Freisetzungsverhalten der Arzneistoffe besser verstehen und für die Anwendung optimieren zu können. Die Beweglichkeit von Arzneistoffmolekülen ist verantwortlich für die Geschwindigkeit ihres Transportes aus dem Inneren des Nanopartikels an dessen Grenzfläche zum Dispersionsmittel. Nur von dieser Grenzfläche kann der Arzneistoff nach einer intravenösen Injektion der Nanodispersion ins Blut gelangen und vom Körper aufgenommen werden. Zudem gibt der über Neutronenspektroskopie zugängliche Grad intramolekularer Bewegungen der Arzneistoffmoleküle Aufschluss über ihre Anbindung an den Arzneistoffträger.

Für die Pharmaindustrie hat die Weiterentwicklung nanodisperser Arzneistoffträgersysteme hohe Bedeutung. Unter anderem wird hierdurch die Arzneistoffaufnahme im Körper verbessert und die chemische Stabilität des Arzneistoffes erhöht. Der Arzneistoff lässt sich auch gezielt an bestimmten Orten im Körper freisetzen (drug targeting). Die Zahl der Arzneimittel, die auf der Basis nanodisperser Arzneistoffträger hergestellt werden und bereits auf dem Markt sind, ist noch sehr gering. Neben den aufwändigen Herstellungsverfahren und Stabilitätsproblemen liegt dies vor allem auch an ihrem komplexen inneren Aufbau, der daher Forschungsgegenstand in der modernen Pharmazie ist.

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