Das Trennprinzip der Chromatographie leicht erklärt
Kleines Einmaleins der physikalisch-chemischen Grundlagen und mehr
Grün ist nicht einfach nur Grün: Schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts stellte der russische Botaniker Michail Semjonowitsch Tsvett (auch Zwet geschrieben) fest, dass der grüne Blattfarbstoff Chlorophyll aus mehreren farbigen Komponenten besteht. Als er einen Chlorophyllextrakt in Ligroin (Petrolether) löste und über ein Zuckergemisch laufen ließ, das er in ein Glasrohr gefüllt hatte, trennte sich der grüne Extrakt in zwei Komponenten auf – das blaugrüne Chlorophyll a und das gelbgrüne Chlorophyll b. Tsvett entdeckte damit ein Trennprinzip der Chemie. Es ermöglicht, Stoffgemische in ihre einzelnen Komponenten aufzutrennen.
Bis heute gehört es zu den bedeutendsten Methoden der Stofftrennung. Tsvett nannte das Verfahren Chromatographie. Dieser Begriff leitet sich von den griechischen Wörtern „chroma = Farbe“ und „graphein = schreiben“ ab. Übrigens, das russische Wort für Farbe spricht man lustigerweise „tsvet“ (Цвет) aus – hier war ein Forschername also echt Programm.
Ein bisschen früher als Michail Semjonowitsch Tsvett beobachtete auch schon der deutsche Chemiker Ferdinand Friedlieb Runge, der von 1794 bis 1867 lebte, dass sich beim Auftropfen von Lösungen auf Saugpapier konzentrische Ringe ausbreiteten – im Prinzip betrieb er damit Papierchromatographie. Runge, der vor allem für seine Entdeckung des Anilins, des Phenols und des Coffeins bekannt ist, beschäftigte sich allerdings mehr künstlerisch als analytisch mit diesem Phänomen – er „malte“ quasi zum Zeitvertreib Farbbilder mit dieser Methode.
Wer nun genau wissen will, wie Chromatographie funktioniert, muss sich ein wenig mit den verschiedenen chromatographischen Trennverfahren beschäftigen und etwas in die physikalisch-chemische Materie einsteigen.
Inhalt
- Die Basics: Das Trennprinzip der Chromatographie
- Der Prozess: Wie läuft eine chromatographische Trennung ab?
- Die Einteilung: Unterschiedliche physikalisch-chemische Effekte und verwendete Phasen
- Anwendungsgebiete: Wo Chromatographie überall mitmischt
Die Basics: Das Trennprinzip der Chromatographie
Die Chromatographie ist eine Methode zur Auftrennung von Substanzgemischen. Die Trennung in die einzelnen Komponenten des Stoffgemisches basiert dabei auf deren unterschiedlichen Wechselwirkungen mit einer sogenannten mobilen und einer stationären Phase. Diese beiden Phasen dürfen nicht miteinander mischbar sein.
Was sich kompliziert anhört, ist eigentlich ganz einfach. Bildlich gesehen, kann man sich das – allerdings sehr vereinfacht - vorstellen wie bei einem Fluss, der Treibgut mit sich führt. Je nach Strömungsgeschwindigkeit des Wassers (in diesem Fall die mobile Phase) und Beschaffenheit des Treibguts (der Analyt wären also Sand oder Kiesel oder größere Steine) wird es über unterschiedlich rauhe Oberflächen des Flussbetts (die stationäre Phase) unterschiedlich schnell transportiert. Also „alles im Fluss“, oder!?
Ein bisschen detaillierter müssen wir uns das Trennprinzip der Chromatographie schon noch anschauen. Denn die einzelnen Komponenten des Stoffgemisches, die Analyten, wechseln je nach ihren stofflichen Eigenschaften zwischen mobiler und stationärer Phase – das nennt man „random walk“. Die Analyten wechselwirken entweder mit der mobilen Phase oder mit der stationären Phase. Zwischen diesen beiden Möglichkeiten sollten sie sehr rasch hin und her wechseln – das ist entscheidend für gute Ergebnisse bei der Chromatographie. Mix & Match in der Chemie, also!
Für den stetigen Wechsel sorgen Diffussionsprozesse und die Wärmebewegung, die den Molekülen ständig Stöße versetzt. Es stellt sich ein dynamisches Gleichgewicht zwischen mobiler und stationärer Phase ein. Je nachdem, ob ein Analyt nun besonders starke Wechselwirkung mit der stationären Phase eingeht oder nicht, wird er unterschiedlich schnell von der mobilen Phase durch die stationäre Phase transportiert. Man spricht von substanzcharakteristischen Retentionszeiten. Das Ergebnis ist eine zeitliche oder räumliche Trennung der einzelnen Bestandteile des Stoffgemisches.
Der Prozess: Wie läuft eine chromatographische Trennung ab?
Das Trennprinzip der Chromatographie ist ein Aspekt, doch wie läuft der Prozess praktisch ab? Nach der Probenvorbereitung des Substanzgemischs (je nach verwendetem chromatographischen Trennverfahren) wird die mobile Phase zunächst in Fluss gesetzt. Das passiert (ebenfalls abhängig von der chromatographischen Methode) über Druck, Kapillarkraft oder durch Anlegen einer elektrischen Spannung. Anschließend (in manchen Fällen aber auch bevor das Fließen der mobilen Phase eingestellt wird) muss das Probengemisch nun auf die stationäre Phase aufgetragen bzw. in diese injiziert werden. Wird die chromatographische Trennung nur zur Analyse oder Detektion vereinzelter Proben eingesetzt, erfolgt dieser Schritt manuell. Bei einer großen Anzahl an zu trennenden oder analysierenden Stoffproben, kann man zur Injektion auch sogenannte Autosampler nutzen.
Um die Einzelkomponenten des Gemischs sichtbar zu machen bzw. erkennen zu können, wann die Substanzen das Chromatographie-Setup passiert haben, werden Detektionssysteme eingesetzt. Die Signale erfolgen dabei auf bestimmte physikalische Eigenschaften der zu trennenden Komponenten (Absorption von Licht, Fluoreszenz, Lichtstreuung, Wärmeleitfähigkeit, Masse). Fast alle organischen Verbindungen lassen sich nach der Trennung aber auch mit Hilfe chemischer Reaktionen sichtbar machen, zum Beispiel durch Ansprühen mit bestimmten Reagenzien.
Wer die Einzelkomponenten des Substanzgemischs auch präparativ trennen möchte, benötigt zusätzlich einen Fraktionensammler. Zahlreiche Geräte und Gerätekombinationen stehen für die modernen chromatographischen Trennverfahren zur Verfügung. Gerade im Bereich der vielverwendeten HPLC-/UHPLC-Technik hilft eine detaillierte Marktübersicht weiter.
Die Einteilung: Unterschiedliche physikalisch-chemische Effekte und verwendete Phasen
Wer bis hierher gelesen hat, der ahnt schon, dass Chromatographie nicht gleich Chromatographie ist. Es existieren sehr viele verschiedenen chromatographische Trennverfahren. Wie behält man hier den Überblick?
Unabhängig vom allgemeinen Trennprinzip der Chromatographie, lassen sich die Verfahren danach einteilen, welche Art von mobiler Phase man gewählt hat. Untergruppen davon lassen sich wiederum durch die Verwendung verschiedener stationärer Phasen bilden.
Gruppe 1: Flüssigchromatographie (engl. liquid chromatography, LC)
Die mobile Phase liegt im flüssigen Zustand vor (Lösungsmittel, Lösungsmittelgemische) – Untergruppen: Papier-, Dünnschicht-, Säulen-, Membranchromatographie
Gruppe 2: Gaschromatographie (engl. gas chromatography, GC)
Die mobile Phase liegt im gasförmigen Zustand vor (Inertgas) – Untergruppen: Verwendung unterschiedlicher Trennsäulen: a) Säulen, komplett gepackt mit festem, inertem Trägermaterial oder b) Kapillarsäulen, mit Trägermaterial fein beschichtete Innenseite
Gruppe 3: Überkritische Fluidchromatographie (engl. supercritical fluid chromatography, SFC)
Die mobile Phase liegt als Substanz in überkritischer Phase (Zustand zwischen Gas und Flüssigkeit) vor, meistens Kohlendioxid.
Eine weitere Möglichkeit der Einteilung der chromatographischen Verfahren besteht in der Berücksichtigung der physikalisch-chemischen Effekte, auf der die Trennwirkung beruht:
Adsorption, Verteilung, Ionenaustausch, Siebwirkung, Affinität oder auch chirale Effekte.
Anwendungsgebiete: Wo Chromatographie überall mitmischt
Von den frühen Farbspielereien auf Saugpapier über die erste „richtige“ chromatographische Auftrennung des Blattfarbstoffs Chlorophyll mittels einer Art Säulenchromatographie bis heute – auf dem Gebiet der Chromatographie hat sich viel getan. Aus der heutigen organischen Chemie, der Biochemie, der Biotechnologie, der Mikrobiologie, der Lebensmittelchemie, der Umweltchemie und auch der anorganischen Chemie ist das Trennverfahren nicht mehr wegzudenken.
Durch den Einsatz der präparativen Chromatographie werden Substanzen industriell im produktiven Maßstab isoliert oder gereinigt. Im großen Maßstab funktioniert auch die Wasserreinigung mittels Ionenaustauschchromatographie. Auch in der chemischen Analytik oder Labormedizin findet die Chromatographie heute vielfältige Anwendung um Inhaltsstoffe zu identifizieren oder mengenmäßig zu bestimmen.
Die Chromatographie ist ein Tausendsassa – trotz des komplexen Trennprinzips der Chromatographie mischt sie im chemisch-wissenschaftlichen Bereich fast überall mit!