Molke ersetzt Kunststoff

EU-Forschungsprojekt „WHEYLAYER“ entwickelt nachhaltige Verpackungsmaterialien

20.05.2011 - Deutschland

Die Herstellung von Lebensmittelverpackungen ist aufwendig und teuer. In der Produktion wird deshalb Wert auf effiziente und kostengünstige Verpackungsmaterialen gelegt. Umweltbelastungen durch nicht-recycelbare Kunststoffe werden dabei in Kauf genommen. Doch es geht auch anders. Im Jahr 2008 setzten sich die Partner des EU-Forschungsprojekts „WHEYLAYER“ die Entwicklung einer ökologischen und leicht recycelbaren Verbundverpackung auf der Basis von Molkeproteinen zum Ziel.

ttz Bremerhaven

Die Verpackungsindustrie erschließt durch die Verwendung von Molkeprotein einen neuen lukrativen Markt für ein bisher entsorgtes Nebenprodukt der Käseherstellung.

Um Nahrungsprodukte vor raschem Verderb und Qualitätsverlust zu schützen, ist die Verwendung von Verbundverpackungen aus synthetischen Polymeren üblich. 14 Partner aus sieben Ländern entwickeln im EU-Projekt WHEYLAYER eine recyclingfähige Barriereschicht, die Verpackungsschichten aus Kunststoff ersetzen soll. Unter Nutzung von Molkeproteinen gelang es, herkömmliche und teure Polymere wie Ethylen-Vinylalkohol-Copolymer (EVOH) bei Lebensmittelverpackungen zu ersetzen. Das Biomaterial Molke fällt bei der Käseherstellung als Nebenprodukt an. Durch die Aufbereitung der Molke werden nicht nur Entsorgungskosten gespart, sondern auch eine ganzheitliche Verwertung von Milch erreicht. Der Molkeproteinfilm enthält nicht nur natürliche antimikrobielle und antioxidantive Wirkstoffe, sondern zeichnet sich darüber hinaus durch seine biologische Abbaubarkeit aus.

Das vom 7. Rahmenprogramm (RP7) der EU geförderte Projekt (GA Nr.: 218340) umfasst Unternehmen und Verbände der Verpackungs-, Recycling- und Milchindustrie sowie Forschungseinrichtungen. Das Fraunhofer Institut für Verfahrenstechnik und Verpackung IVV in Freising ist einer der 14 WHEYLAYER-Projektpartner. Das Institut gewann bei der Verarbeitung der Molkeproteine zunächst reine Proteinisolate. Durch die Modifikation der Molkeproteine und die Entwicklung von Molkeproteinformulierungen mittels chemischer Modifizierungen, enzymatischer Partialhydrolyse bzw. Hochdruckverfahren optimierte das IVV die filmbildenden Eigenschaften der Molkenproteine. Durch Zugabe von Weichmachern und anderen Additiven wurde eine Beschichtung entwickelt, die mechanischen Belastungen standhält und eine hohe Barrierewirkung der Beschichtung erzielt. Eine Coronabehandlung erhöhte die Oberflächenenergie der zu beschichtenden Produkte, wodurch eine optimale Haftung erreicht wurde. In einem Scale-Up beschichtete das Fraunhofer IVV mit einer Lackier- und Kaschieranlage verschiedene konventionelle Substrate im Walzenauftragverfahren. Anschließend wurden die Produkte durch Heißluftkonvektion getrocknet und ausgehärtet. Die so entstandene, mit Molkeproteinen beschichtete Folie wurde anschließend mit einem konventionellen Kunststoff laminiert, um Verbundverpackungen herzustellen.

Die Universität Pisa prüfte die Recycelbarkeit, biologische Abbaubarkeit, Kompostierbarkeit und Toxizität der WHEYLAYER-Verbundverpackung. Lebensmittelverpackungen bestehen aus mehreren Schichten. Mit dem Einsatz von WHEYLAYER sind die vorher nicht-trennbaren Schichten lös- und deshalb wiederverwertbar. Die Barrierebeschichtung kann rückstandslos vom Substrat entfernt werden. Produziert werden die Proteinfolien beim slowenischen Verpackungshersteller Lajovic Tuba Embalaza, das Design der Prototypen wird vom Projektkoordinator IRIS (Innovacio i Recerca Industrial i Sostenible) festgelegt.

Der Forschungsdienstleister ttz Bremerhaven führte eine Validierung des vom Fraunhofer IVV produzierten WHEYLAYER-Films durch. So wurde die entwickelte Verbundverpackung mit herkömmlichen Materialien verglichen. Das ttz Bremerhaven hat Butterkäseproben in drei unterschiedlichen Folientypen vakuumverpackt: Eine von zwei auf WHEYLAYER basierende Verpackungsfolien enthielt eine antimikrobielle Schicht. Bei der dritten getesteten Folie handelte es sich um eine Referenzverpackung, die ähnliche Eigenschaften wie die WHEYLAYER-Proteinfolie hat und üblicherweise in der Industrie eingesetzt wird.

Die Haltbarkeit des Käses betrug 45 Tage bei einer Lagerung zwischen 8 und 10 °C. 84 Tage lang analysierte das ttz Bremerhaven im einwöchigen Abstand die Produktqualität durch unterschiedliche mikrobiologische, chemische und sensorische Tests. Mikrobiologische Messungen der Produkte in Referenz- beziehungsweise antimikrobiell beschichteter WHEYLAYER-Folie zeigten in Bezug auf das Bakterienwachstum an der Käseoberfläche nach 45 und 84 Tagen keine signifikanten Unterschiede. Aufgrund der massiven Eigenflora von Käseprodukten und der reinen Oberflächenwirkung der antimikrobiellen Schicht ist ein direkter Nachweis schwierig. Die Säurezahl und Peroxidwerte, die Indikatoren für die Ranzigkeit und Oxidation des Produkts sind, wichen kaum voneinander ab. Der antimikrobiell beschichtete WHEYLAYER-Film hatte in diesem Fall keinen direkten Einfluss auf das Testlebensmittel. Mit dem Japanischen Standard Test konnte hingegen ein antimikrobieller Effekt nachgewiesen werden. Die Verbundverpackung mit integrierter Molkeschicht, die als Sauerstoff- und Wasserdampfbarriere dient, steht anderen industriellen Verpackungsmaterialen in seinen Eigenschaften also in nichts nach.

Das ttz Bremerhaven führte zudem eine Sensorikanalyse durch. Sechs geschulte Testpersonen (Panel) mit geprüfter Eignung absolvierten eine Profilierung und einen Dreieckstest. Getestet wurde zum einen frischer Käse, zum anderen fanden mehrere Analysen von Butterkäse statt, der über einen unterschiedlich langen Zeitraum gelagert wurde. Die Tester bewerteten verschiedene Eigenschaften wie das Aussehen, den Geruch, den Geschmack oder das Mundgefühl des Käses auf einer Skala zwischen 0 (nicht vorhanden) und 5 (stark ausgeprägt).

Die Profilierung des Butterkäses nach einer Lagerung von 84 Tagen zeigt, dass die Veränderungen am stärksten das Mundgefühl betreffen. Das Produkt wurde durch seine Nachreifung als cremiger und weich schmelzend empfunden, während sich das gummiartige Gefühl verminderte. Die sensorische Profilierung zeigt, dass der Käse, der in einem antimikrobiell beschichteten WHEYLAYER-Film verpackt war, als weniger sauer und weniger bitter empfunden wurde.

Der WHEYLAYER-Film hat also sowohl mit als auch ohne antimikrobielle Beschichtung keinen signifikanten Einfluss auf die chemischen oder mikrobiologischen Eigenschaften der Testprodukte. Auf WHEYLAYER basierende Verpackungsschichten sind in ihrer Funktion genauso effizient wie konventionelle Verpackungen. Das ttz Bremerhaven wird in Zukunft ähnliche Sensoriktests mit frischen Pastascheiben durchführen. Die Verpackung der Pasta wird auf WHEYLAYER basieren und von einem Antioxidationsmittel umhüllt sein.

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