Forscher beobachten Photosynthese in Aktion

Erste Filmszene der molekularen Dynamik im Photosystem II

11.07.2014 - Deutschland

Ein internationales Forscherteam unter Beteiligung von DESY hat einen zentralen Schritt der Photosynthese erstmals in Aktion festgehalten. Die Gruppe unter Leitung von Prof. Petra Fromme von der Arizona State University nutzte den weltweit stärksten Röntgenlaser am US-Beschleunigerzentrum SLAC, um Standbilder eines Molekülkomplexes namens Photosystem II aufzunehmen. Das Photosystem II spaltet unter Einfluss von Sonnenlicht Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff. Dieser Prozess liefert den Sauerstoff in der Erdatmosphäre. Die Wissenschaftler präsentieren ihre Beobachtungen in der aktuellen Ausgabe des Fachjournals "Nature".

Illustration: Shibom Basu/Arizona State University

Schematische Darstellung des Wasserspaltungszyklus im Photosystem II. Zwischen den Zuständen S1 und S3 ändert sich die molekulare Form deutlich, wie die neuen Untersuchungen zeigen.

Bild: DESY

Von Sonnenlicht getriebene Photosynthese ist die Energiequelle aller grünen Pflanzen.

Illustration: Shibom Basu/Arizona State University
Bild: DESY

"Dies ist die erste Szene eines molekularen Films, der die lichtgesteuerte Spaltung von Wasser im Photosystem II zeigt und damit jenen Prozess, der sämtlichen Sauerstoff in der Atmosphäre erzeugt", betont Fromme. Die Beobachtung zeigt mit molekularer Detailgenauigkeit, wie das Photosystem II in diesem Prozess seine Form deutlich verändert. "Ein tieferes Verständnis der Photosynthese könnte beispielsweise der Entwicklung besserer Solarzellen dienen und vielleicht die Suche nach dem 'Heiligen Gral' der Biochemie, der künstlichen Photosynthese, voranbringen", erläutert DESY-Forscher und Ko-Autor Prof. Henry Chapman vom Center for Free-Electron Laser Science CFEL, einer Kooperation von DESY, Universität Hamburg und Max-Planck-Gesellschaft.

"Wir wissen, dass der Prozess der Wasserspaltung in vier Schritte unterteilt ist. Aber bislang hat niemand diese vier Schritte wirklich gesehen", erläutert Chapman, der auch Professor an der Universität Hamburg und Mitglied des Hamburger Center for Ultrafast Imaging CUI ist.

Für ihre Untersuchung züchteten die Forscher winzige Nano-Kristalle des Photosystems II von sogenannten Cyanobakterien ("Blaualgen") namens Thermosynechococcus elongatus, die Photosynthese betreiben. Diese Kristalle beleuchteten sie mit einem Laser im Wellenlängenbereich des sichtbaren Lichts, um die Wasserspaltung zu starten, die sonst von Sonnenlicht angetrieben wird. Mit Hilfe von Doppelblitzen lösten die Wissenschaftler den Übergang vom Zustand S1 zum Zustand S3 aus, da bei diesem Übergang die größte Dynamik zu erwarten war.

Mit den kurzen und intensiven Blitzen des SLAC-Röntgenlasers LCLS (Linac Coherent Light Source) konnten die Forscher beobachten, wie sich die molekulare Struktur des Photosystems II in diesem Prozess veränderte. Die LCLS ermöglichte dabei eine Belichtungszeit von lediglich 30 Femtosekunden (billiardstel Sekunden) - kurz genug um den Prozess der Wasserspaltung in unterschiedlichen Phasen einzufrieren. "Die deutliche Formänderung, die wir beobachten konnten, hat uns überrascht", berichtet Fromme. "Sie ist so stark, dass sie zu einer Änderung der gesamten Struktur führt, sogar die Ausmaße der sogenannten Einheitszelle, der kleinsten Baueinheit eines Kristalls, ändern sich."

Die Spaltung von Wasser ist ein sogenannter katalytischer Prozess, bei dem das Photosystem II die Reaktion ermöglicht, ohne dabei verbraucht zu werden. Katalytische Reaktionen spielen in vielen Bereichen der Chemie eine bedeutende Rolle. "Die Technik, die wir benutzt haben, hat sehr großes Potenzial - nicht nur für die Photosynthese, sondern für die Untersuchung von Katalyse allgemein", betont Fromme. "Wenn man alle Stufen einer katalytischen Reaktion beobachten kann, ist man in der Lage, sie zu optimieren."

"Unsere Studie zeigt auch, dass sich mit sogenannten Freie-Elektronen-Röntgenlasern wie der LCLS Filme biochemischer Prozesse mit molekularer Auflösung aufnehmen lassen", sagt Chapman. Zu diesem Zweck lösen die Forscher eine Reaktion viele Male aus und beobachten ihren Ablauf mit exakt verzögerten Röntgenblitzen zu verschiedenen Zeiten. So entsteht eine Folge von Standbildern, die sich zu einem Film mit molekularer Auflösung kombinieren lassen. "So ein Film kann die ultraschnellen Abläufe chemischer Reaktionen enthüllen", unterstreicht Chapman. "Allerdings müssen wir eine noch höhere Auflösung erreichen."

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