Unglück in Chemiewerk
Ein Arbeiter stirbt, vier Männer verletzt
(dpa) Er hört ein Ventil zischen, dann folgt eine heftige Explosion. «Dann sind uns die Teile um die Ohren geflogen.» Sichtlich erschüttert berichtet Betriebsleiter Joachim Seifert am Montagabend von dem Unglück in einer Chemiefabrik in Pirna. «Ein Reaktor für chemische Produkte hat durchgezündet - warum auch immer», sagt der 54-Jährige mit leiser Stimme bei einer Pressekonferenz und starrt niedergeschlagen auf die Tischplatte vor ihm. «Das ist bisher nicht erklärbar». Bei der Explosion am späten Montagnachmittag stirbt ein Mann, vier weitere Arbeiter werden in Trümmern eingeklemmt. Sie erleiden Brandverletzungen und Knochenbrüche.
Nach der Explosion stieg ein Feuerball auf, wie Stadtsprecher Thomas Gockel sagt. Die Gebäudefassade ist nach Angaben der Feuerwehr «total zerstört». Die Trümmer fliegen bis auf die Straße, rund 50 Meter weit. Etwa 200 Feuerwehrleute, Polizisten und andere Helfer eilen in den kleinen Pirnaer Ortsteil Neundorf, in dem rund 300 Menschen leben.
Stunden später wirken die Straßen wie ausgestorben. Nur hinter wenigen Fenstern der zwei- und dreistöckigen Häuser brennt Licht. Mehr als 100 Einwohner wurden in Sicherheit gebracht. Immer wieder flammen Brände auf, am späten Abend strömt noch immer ein gesundheitsschädigendes Lösungsmittel aus. Er hoffe, dass die Einwohner noch in der Nacht in ihre Wohnungen zurückkehren könnten, sagt Oberbürgermeister Klaus-Peter Hanke (parteilos).
In der Fabrik, die direkt neben Wohnhäusern steht, wurden laut Hanke schon zu DDR-Zeiten Chemikalien produziert - Düngemittel, Textillösungsmittel. Das Gebäude, das jetzt in die Luft geflogen ist, sei noch relativ neu gewesen. «Die Anlage hatte einen hohen Sicherheitsstand», sagt Hanke. Darauf habe seine Verwaltung großen Wert gelegt.
An dem Unglückstag wurde laut Seifert an der Anlage seit dem Vormittag eine neue Produktion hochgefahren, ein Flammschutzmittel für Textilien und Kunststoffe. «Es war eine Erstproduktion.» Der bei der Explosion ums Leben gekommene Kollege war eigens deswegen im Werk. Zuvor sei die Anlage schon einmal probeweise getestet worden, mit kleineren Mengen - und ohne Probleme. Warum es nun zu dem Unglück kam, müssen jetzt die Kriminaltechniker klären.
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