Verpackungsindustrie: Plasmabeschichtetes Papier als Kunststoffersatz
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Verpackungen aus Kunststoff sind nach wie vor ein großes Problem für die Umwelt. Papier hingegen besteht aus nachwachsenden Rohstoffen und hat gegenüber erdölbasiertem Plastik den Vorteil, dass es verrottet und nicht über viele Jahre in Erdböden verbleibt. Doch unbeschichtet bildet Papier keine Barriere gegenüber Feuchtigkeit oder Sauerstoff. Es ist temperatursensibel, reagiert empfindlich auf Nässe und Bakterien und ist durch unebene Oberflächen gekennzeichnet. Um das Potenzial des Werkstoffs voll auszuschöpfen, die Recyclingmöglichkeiten zu verbessern, Kunststoffverpackungen ersetzen und neue Anwendungsfelder erschließen zu können, müssen die Lebensdauer, Beständigkeit und die Qualität von Papierprodukten verbessert werden. Dieser Aufgabe widmen sich Forschende des Fraunhofer IST in enger Zusammenarbeit mit der Technischen Universität Darmstadt und dem Thünen-Institut für Holzforschung im Projekt BioPlas4Paper. Um homogene, feuchtigkeitsabweisende Schichten auf Papier zu erzeugen, setzen die Projektpartner auf Pflanzenstoffe wie Oregano- oder Chiaöl sowie auf aus Rindenmaterial gewonnene Extraktstoffe. Diese Pflanzeninhaltsstoffe zeichnen sich unter anderem durch ihre antibakterielle Wirkung aus.
Biobasierte Plasmapolymere vernetzen sich mit der Papieroberfläche
»Wir verwenden bislang ungenutzte Pflanzenstoffe mit einem hohen Anteil an ungesättigten Fettsäuren, um Papier hydrophob, also wasserabweisend, zu gestalten. Hierfür setzen wir Atmosphärendruck-Plasmatechnologie ein, bei der Gas mittels Hochspannung unter Umgebungsdruck derart angeregt wird, dass ein Plasma, also ein Teilchengemisch aus Ionen, freien Elektronen und meist auch neutralen Atomen oder Molekülen, zündet. Es kommt zu einer Entladung zwischen den Elektroden«, sagt Martin Bellmann, Wissenschaftler am Fraunhofer IST in Braunschweig. Die Pflanzenstoffe werden durch die Zugabe von Stickstoff in ein Aerosol überführt und als dampfförmige organische Vorläuferverbindungen in das Plasma eingeschleust, um daraus Polymernetzwerke bilden zu können. Experten bezeichnen diesen Vorgang, bei dem die Vorläuferverbindungen durch ein Plasma aktiviert werden, als Plasmapolymerisation. Die mikrometergroßen Partikel verbinden sich miteinander zu Plasmapolymeren, die winzigen Tröpfchen vernetzen sich aber auch mit dem Papier und legen sich flächig auf das raue Papiersubstrat, wobei sie tief in die Poren und Fasern der Oberfläche eindringen. »Erst durch den Einsatz des Plasmas werden die pflanzlichen Moleküle reaktiv und vernetzen sich zu Polymeren«, erklärt der Forscher.
Innovatives Plasmaquellenkonzept
Erzeugt wird das Plasma mittels einer Plasmaquelle durch die Ionisierung von Gas zwischen zwei rotationssymmetrischen Elektroden, an die Hochspannung angelegt wird. Neu sind die geometrische Anordnung der Elektroden, und die Art wie das Aerosol eingeleitet und wie das Plasma gezündet wird. Die Kombination dieser Maßnahmen ergibt ein innovatives Konzept, das die Forschenden eigens für das Projekt entwickelt haben, sodass sich unter Atmosphärendruck die Einflüsse der Umgebungsluft auch bei höheren Beschichtungsgeschwindigkeiten auf ein Minimum reduzieren und die Ergebnisse dabei gleichbleibend und reproduzierbar sind. »Aufgrund der Rauheit der Papieroberfläche kommt es bei hohen Verarbeitungsgeschwindigkeiten zur Verwirbelung der Umgebungsluft, was die Plasmaeigenschaften verändert. Diese schädlichen Einflüsse können wir durch unser Konzept vermeiden«, sagt Bellmann. Die Plasmaquelle wird nah an die Papieroberfläche herangeführt und verdrängt die Umgebungsluft so komplett. Um das Papier selbst, die biobasierten Vorläufermoleküle und die Eigenschaften der erzeugten Plasmapolymere nicht zu beeinträchtigen, arbeiten die Forschenden mit Plasmatemperaturen von etwa 70 Grad.
Wasserabweisende Schichten durch Olivenöl
In zahlreichen Tests mit einer breiten Palette an Pflanzenölen und Extraktstoffen konnten die Forscherinnen und Forscher nachweisen, dass sich biobasierte Stoffe mittels Plasma reproduzierbar und homogen abscheiden bzw. abtrennen lassen. Sehr gute hydrophobe Schichten ließen sich etwa mit Oliven- und Chiaöl erzielen. In Abhängigkeit der verwendeten Vorläuferverbindungen und der Beschichtungsparameter können die Forschenden die Schichten beeinflussen und optimieren. Ziel ist es, den Werkstoff Papier für immer anspruchsvollere Nutzungsszenarien auszurüsten und damit künftig auch Plastikmaterialien zu ersetzen. »Ein Anwendungsbeispiel sind Umzugskartons, die mit unseren hydrophoben Schichten auch länger Regen ausgesetzt sein können, ohne aufzuweichen. »Unser Anliegen ist es, die Abhängigkeit von fossilen Ressourcen zu reduzieren und den Übergang zu einer ressourceneffizienten Wirtschaft zu unterstützen«, sagt Bellmann.