Magnetische Atome in Reih und Glied

26.07.2016 - Deutschland

Physikern der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) und der Technischen Universität Wien ist es erstmals gelungen, eindimensionale magnetische Atomketten in einem selbstorganisierenden System herzustellen. Mit ihrer Entdeckung liefern sie ein Modellsystem für die Grundlagenforschung zum Beispiel im Bereich der magnetischen Datenspeicherung aber auch der Chemie.

Die Nanotechnologie revolutioniert unser Leben: Sie macht mikroelektronische Systeme noch kleiner, ermöglicht neuartige medizinische Diagnose- und Therapieverfahren oder sorgt für selbstreinigende Materialoberflächen. Die besonderen Eigenschaften von Nanostrukturen sind zum Teil darauf zurückzuführen, dass man Materialien in ihrer Dimensionalität einschränkt – indem man etwa einen Kristall nicht in drei Richtungen wachsen lässt, sondern nur in zwei oder gar in einer. „Eindimensional“ bedeutet im Grenzfall nichts anderes, als Atome in einer Kette anzuordnen. „Eine solche Atomkette kann allerdings nicht im leeren Raum existieren, sondern muss auf einer Unterlage abgelegt werden“, erklärt Prof. Dr. Alexander Schneider vom Lehrstuhl für Festkörperphysik der FAU. „Dadurch kann es passieren, dass die gewünschten Eigenschaften, in unserem Fall der Magnetismus, wieder verschwinden. Die Forschung hat ein besonderes Interesse daran, solche niederdimensionale Systeme zu verstehen, da diese zunehmend die Eigenschaften magnetischer Datenspeicher dominieren.“

Sauerstoff ermöglicht eindimensionale Atomketten

An der Entdeckung und Analyse dieses eindimensionalen Systems waren neben dem Team um Prof. Schneider auch die Mitarbeiter der Arbeitsgruppen von Prof. Dr Klaus Heinz, ebenfalls Lehrstuhl für Festkörperphysik, und von Prof. Dr. Josef Redinger vom Center for Computational Materials Science der TU Wien beteiligt. Gemeinsam konnten die Forscher zeigen, dass Sauerstoff das Wachstum von perfekten einatomaren Ketten aus Mangan, Eisen, Kobalt und Nickel auf einer Iridium-Oberfläche ermöglicht. „Das Aufdampfen von Metallen auf eine Metalloberfläche im Vakuum ist ein gängiges Verfahren“, sagt Alexander Schneider. „Dabei entsteht allerdings oft eine zweidimensionale Metallschicht. Uns ist es erstmals gelungen, mithilfe von Sauerstoff Atomketten herzustellen, die die gesamte Iridium-Oberfläche bedecken, sich streng periodisch in einem Abstand von 0,8 Nanometern anordnen und bis zu 500 Atome lang werden können, ohne einen einzigen Baufehler aufzuweisen. Das alles passiert selbstorganisiert, das heißt die Ketten bilden sich ohne äußeres Zutun.“

Die Physiker fanden heraus, dass die Sauerstoffatome wie eine Art Hebemechanismus wirken, der die Atomketten von der Iridium-Schicht trennt. So entstehen der eindimensionale Charakter und die magnetischen Eigenschaften der Ketten. Die Berechnungen der Wiener Arbeitsgruppe haben ergeben, dass sich der Magnetismus der Metalle in der eindimensionalen Struktur verändert: Nickel wird unmagnetisch, Kobalt bleibt ferromagnetisch und Eisen und Mangan werden antiferromagnetisch, das heißt, hier wechselt die Magnetrichtung mit jedem Atom. Schneider: „Das Besondere an unserem Verfahren ist, dass wir nicht nur perfekte Ketten aus einem Material wachsen lassen können, sondern auch Ketten, in denen sich die Metalle abwechseln. Somit können wir also Mischsysteme herstellen, in denen zum Beispiel ferromagnetische Kettensegmente von antiferromagnetischen oder unmagnetischen Segmenten getrennt werden.“

Impulse für die Grundlagenforschung

Die Entdeckung des selbstorganisierenden Systems perfekt ausgerichteter magnetischer Atomketten könnte neue Impulse für die Erforschung eindimensionaler Systeme liefern. Die weitere Forschung insbesondere an dem System aus verschieden langen Kettenstücken mit unterschiedlicher Magnetisierung wird auch zeigen, welche Auswirkungen sich für die fortschreitende Miniaturisierung der Datenspeicherung ergeben. Ein weiterer interessanter Aspekt des untersuchten Materialsystems ist, dass die Ketten durch den eingebauten Sauerstoff Eigenschaften haben, die sich zwischen denen eines eindimensionalen Metalls und eines Oxids bewegen. Die über große Distanzen perfekte laterale Anordnung der Ketten erlaubt es nun, mit Methoden, denen die atomare Skala nicht zugänglich ist, beispielsweise die katalytischen Eigenschaften der Atomketten zu untersuchen.

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