Sauerstoff: Fluch und Segen für nanokristalline Legierungen

02.05.2018 - Deutschland

Plastische Verformung und Pulververarbeitungstechniken werden gebraucht, um kostengünstig nanostrukturierte Materialien mit maßgeschneiderter Zusammensetzung herzustellen. Diese Verfahren ermöglichen zudem Metalle zu kombinieren, die sich mit herkömmlichen Verfahren nicht mischen lassen. Dass plastische Hochverformung zur Legierungsentwicklung bisher nicht großflächig industriell verwendet wird, liegt am Sauerstoff, der während des Mischens der Pulver und während der plastischen Verformung in die Pulver beziehungsweise die Legierung hineindringt und ihre Morphologie, mechanischen Eigenschaften und thermische Stabilität beeinflusst. Wissenschaftler vom Max-Planck-Institut für Eisenforschung (MPIE), vom Österreichischen Erich-Schmid-Institut für Materialforschung, von den Universitäten Leoben und Graz (Österreich) und der Chinesischen Hubei Universität wollen genau diese Beeinflussung nutzbar machen. Sie analysierten in-situ Kupfer-Eisen-Legierungen während des Glühens, um herauszufinden wann und wie sich Oxide bilden und wie sie genutzt werden können, um nanokristalline Materialien zu festigen.

Max-Planck-Institut für Eisenforschung GmbH

Dr. Jazmin Duarte analysiert die Sauerstoffverteilung in Legierungen mittels 3D-Atomsonde.

„Durch die Kombination verschiedener experimenteller und theoretischer Methoden, analysierten wir das thermische Verhalten von Oxiden in nanokristallinen Kupfer-Eisen-Legierungen, die durch die plastische Verformung als metastabile feste Lösung vorlagen. Dabei konnten wir beobachten, dass sich nanoskalige Kupfer- und Eisenoxide innerhalb der Körner bereits bei relativ niedrigen Temperaturen während einer Wärmebehandlung bilden. Erhöht man die Temperatur, so zerfällt die metastabile, feste Kupfer-Eisen Lösung in eisen- und kupferreiche Phasen.“, erklärt Dr. Jazmin Duarte, Wissenschaftlerin in der Abteilung „Struktur- und Nano-/Mikromechanik von Materialien“. Die Kupfer- und Eisenoxide wachsen mit steigender Temperatur bis sie zirka 10 Nanometer erreichen. Beide Oxidverteilungen sind fast identisch, das heißt, dass Sauerstoff in einen bestimmten Bereich während des Glühens hineindiffundiert und so die Oxidation vorantreibt.

„Zum ersten Mal ist eine direkte Beobachtung der Oxidbildung in nanokristallinen Legierungen möglich. Um sicherzustellen, dass der Elektronenstrahl des eingesetzten Transmissionselektronenmikroskops oder die Probengröße keinen Einfluss auf den Oxidations- oder Ausscheidungsprozess haben, haben wir auch vergleichende ex-situ Analysen durchgeführt und konnten so unsere Ergebnisse bestätigen. Dies bedeutet, dass wir nun die Möglichkeit haben mechanische Eigenschaften über das gezielte Einschleusen von Sauerstoff in nanokristalline Legierungen zu beeinflussen. Sauerstoff, der bis heute als zu vermeidende Kontamination gesehen wurde, kann nun ganz bewusst zum Legierungsdesign verwendet werden.“, erklärt Prof. Gerhard Dehm, Direktor am MPIE. Die Wissenschaftler untersuchen nun wie Sauerstoff gezielt in Legierungen eingeschleust werden kann und wie sich die Mikrostruktur und damit einhergehend die mechanischen Eigenschaften mit steigendem Sauerstoffgehalt verändern. Solche maßgeschneiderten Mikrostrukturen können genutzt werden, um nanokristalline Materialien für unterschiedlichste Anwendungen mittels Sauerstoff durch extrem feine Oxidteilchen zu festigen.

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