Künstliche Synapse aus Nanodrähten
Copyright: Forschungszentrum Jülich
Computer haben in den letzten Jahren viel gelernt: Dank rasanter Fortschritte im Bereich der künstlichen Intelligenz können sie heute Autofahren, Texte übersetzen, Schachweltmeister besiegen und vieles mehr. Eine der größten Herausforderungen ist dabei der Versuch, die Verarbeitung der Signale des menschlichen Gehirns künstlich zu reproduzieren. In neuronalen Netzen werden Daten hochgradig parallel gespeichert und verarbeitet. Klassische Rechner arbeiten Aufgaben dagegen sehr schnell hintereinander ab und trennen klar zwischen der Speicherung und Verarbeitung von Informationen. Neuronale Netze lassen sich daher in der Regel nur sehr aufwendig und ineffizient mit herkömmlicher Hardware simulieren.
Systeme mit neuromorphen Chips, die die Arbeitsweise von Synapsen und Neuronen im menschlichen Gehirn imitieren, versprechen hier deutliche Vorteile. Ein solcher bioinspirierter Rechner arbeitet nach den Vorstellungen von Experten dezentral und verfügt über eine Vielzahl von Prozessoren, die – wie Neuronen im Gehirn – netzartig miteinander verbunden sind. Fällt ein Prozessor aus, kann ein anderer seine Funktion übernehmen. Und ähnlich wie im Gehirn, wo Training zu verbesserter Signalweiterleitung führt, soll auch ein bioinspirierter Prozessor lernen können.
„Mit der heutigen Halbleiter-Technologie lassen sich diese Funktionen teilweise auch schon realisieren. Diese Systeme eignen sich aber nur für spezielle Anwendungszwecke und benötigen viel Platz und Energie“, erläutert Dr. Ilia Valov vom Forschungszentrum Jülich. „Unsere Bauelemente mit Nanodrähten aus Zinkoxid-Kristall können Informationen dagegen von Haus aus verarbeiten und auch speichern, und sind äußerst klein und energieeffizient“, so der Forscher vom Jülicher Peter Grünberg Institut.
Memristiven Zellen werden schon seit Jahren die besten Chancen zugeschrieben, in einem bioinspirierten Rechner die Funktion der Neuronen und Synapsen zu übernehmen. Sie ändern ihren elektrischen Widerstand abhängig von der Stärke und Richtung des elektrischen Stroms, der durch sie fließt. Anders als in einem herkömmlichen Transistor bleibt der letzte Widerstandswert auch dann noch erhalten, wenn der Strom abgeschaltet wird. Wegen dieser Einstellbarkeit des Widerstandswerts sind Memristoren grundlegend lernfähig.
Um diese Eigenschaften zu erzeugen, nutzten die Wissenschaftler des Forschungszentrums Jülich und der RWTH Aachen einen einzelnen Zinkoxid-Nanodraht, der von Turiner Experten hergestellt worden war. Mit etwa einem zehntausendstel Millimeter ist ein solcher Nanodraht über tausendmal dünner als ein menschliches Haar. Das resultierende memristive Bauteil ist nicht nur sehr klein, es schaltet auch schneller als ein Halbleiter.
Nanodrähte versprechen ganz neue physikalische Eigenschaften im Vergleich zu anderen Festkörpern und werden unter anderem für die Entwicklung neuartiger Solarzellen, Sensoren, Batterien und Computerchips eingesetzt. Ihre Herstellung ist dabei vergleichsweise einfach. Nanodrähte entstehen durch Aufdampfen des gewünschten Materials auf ein geeignetes Substrat und wachsen damit praktisch wie von selbst.
Um eine funktionsfähige Zelle zu schaffen, müssen beide Enden des Nanodrahts mit geeigneten Metallen verbunden werden, in diesem Fall Platin und Silber. Die Metalle fungieren als Elektroden. Zudem setzen sie, ausgelöst durch einen geeigneten Stromfluss, Ionen frei. Die Metallionen können sich über die Oberfläche des Drahtes ausbreiten und eine Brücke bilden, was die Leitfähigkeit verändert.
Für den praktischen Einsatz sind die Bauelemente aus einzelnen Nanodrähten allerdings noch zu empfindlich. Ein elektrischer Strom kann sie leicht zerstören. Als nächsten Schritt planen die Jülicher Forscher daher die Herstellung und Untersuchung eines robusteren memristiven Elements, das aus einer relativ leicht herstellbaren größeren Gruppe aus mehreren Hundert Drähten besteht.