Wasserstoff-Transport in einer „Pfandflasche aus Öl“

Hydrogenious als „Aufsteiger“ für den Deutschen Gründerpreis 2021 nominiert

31.08.2021 - Deutschland

Die Klimawende ist der Katalysator für Hydrogenious LOHC Technologies. Das Unternehmen hat eine Technologie entwickelt, mit deren Hilfe grüner Wasserstoff gefahrlos und effizient gelagert und transportiert werden kann: Das Gas wird an ein Öl gebunden, später wird es wieder freigesetzt. Dafür hat die Auswahljury des Deutschen Gründerpreises das Unternehmen aus Erlangen als Aufsteiger 2021 nominiert. Welcher der jeweils drei Finalisten in den Kategorien „Aufsteiger“ und „StartUp“ die begehrte Trophäe gewinnt, erfahren die Kandidaten bei der Preisverleihung am 14. September 2021 im ZDF-Hauptstadtstudio in Berlin.

Dirk Bruniecki für Deutscher Gründerpreis

Dr. Daniel Teichmann, Mitgründer der Hydrogenious LOHC Technologies GmbH, nominiert in der Kategorie Aufsteiger.

Grüner Wasserstoff ist in vielen Industrien für die Transformation zur Klimaneutralität essenziell: von der Stahlerzeugung bis zur Glasherstellung. Doch das leicht entzündliche Gas ließ sich bislang nur mit großem Aufwand transportieren. Dr. Daniel Teichmann (38) und seine Mitgründer, die Universitätsprofessoren Peter Wasserscheid (50), Wolfgang Arlt (69) und Eberhard Schlücker (65), entwickelten ein besseres, einfacheres und kostengünstigeres Verfahren, eine Art Pfandsystem für Wasserstoff: Das Gas wird an ein Wärmeträger-Öl gebunden und kann damit in der bestehenden Infrastruktur für heutige Kraftstoffe transportiert werden. Bei Bedarf wird der Wasserstoff wieder davon gelöst und das Öl – wie eine Pfandflasche – für die nächste Ladung benutzt. So sicher und effizient war der Transport von Wasserstoff noch nie!

Damit ergeben sich ganz neue Möglichkeiten für die Speicherung und den Import erneuerbarer Energie: In „stürmischen“ Zeiten oder dort, wo es besonders sonnig ist, kann durch Elektrolyse Wasserstoff gewonnen und dank LOHC-Verfahren vergleichsweise einfach gespeichert werden, bei „Flaute“ wird der Energieträger freigesetzt. Mit dem sogenannten LOHC-Verfahren (LOHC steht für „Liquid Organic Hydrogen Carrier“ oder „Flüssiger organischer Wasserstoffträger) lässt sich wegen der hohen Speicherdichte fünfmal so viel Wasserstoff speichern, als wenn dieser etwa mit Druck komprimiert wird. Zudem bestehen keine gesonderten Anforderungen an die Transportfahrzeuge. Hydrogenious stellt auf Basis seiner LOHC-Technologie die Anlagensysteme zur Speicherung und Freisetzung des Wasserstoffs her, Industrie-Maschinen zur Umwandlung von jeweils mehreren tausend Tonnen Wasserstoff pro Jahr.

Dr. Daniel Teichmann gehört mit seiner Dissertation „Konzeption und Bewertung einer nachhaltigen Energieversorgung auf Basis flüssiger Wasserstoffträger (LOHC)“ zu den wenigen Promovierten, denen es gelungen ist, ihre Doktorarbeit in ein Unternehmen zu verwandeln. 2013 hat er Hydrogenious mitgegründet. Seine Alma Mater, die Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, hält seit 2014 einen Anteil im einstelligen Prozentbereich, hat dafür 15 Patente an das Unternehmen übertragen. Inzwischen hat Hydrogenious 45 Patente angemeldet und zahlreiche Investoren haben sich engagiert, darunter Autohersteller Hyundai, Automotive-Supplier Winkelmann Group, Chemiekonzern Covestro, die Mitsubishi Corporation, Öl-Terminal-Betreiber Vopak und nicht zuletzt AP Ventures, der Venture Capital Fund des weltweit führenden Platin-Bergbauunternehmens Anglo Platinum. „Wir haben bis dato etwas mehr als 30 Millionen Euro an Investorengeldern eingeworben.“

Grüner Wasserstoff, also solcher, für dessen Wasserelektrolyse ausschließlich Strom aus erneuerbaren Energien zum Einsatz kommt, ist für Dr. Teichmann nicht zuletzt wegen der globalen Klimakrise der Energieträger der Zukunft. Dabei geht es ihm zwar primär um den Einsatz in der Industrie, „aber auch der Verkehrssektor wird von Wasserstoffantrieben und damit von unserer LOHC-Anwendung profitieren, weil sie beispielsweise eine sichere Tankstellen-Infrastruktur ermöglicht“, sagt Dr. Teichmann. Er fährt selbst ein wasserstoffgetriebenes Auto: Seinen Hyundai Nexo tankt der Hydrogen-Experte an einer von rund 100 Tankstellen in Deutschland in drei Minuten für 60 Euro voll und fährt damit 600 Kilometer. Die Mobilitäts-Zukunft für Wasserstoff sieht Dr. Teichmann jedoch vor allem dort, wo Elektro seine Grenzen hat: beim Antrieb von Frachtschiffen oder Lkw, die tausende Kilometer durch Europa fahren.

Die Finalisten in der Kategorie StartUp, ein- bis maximal dreijährige Unternehmen, die ihre Geschäftsidee besonders erfolgreich am Markt etabliert haben, sind:

  • SoSafe GmbH, Köln: Mit ihrer Trainings- und Sensibilisierungsplattform hilft SoSafe Unternehmen, die Belegschaft als „menschliche Firewall“ zu aktivieren, denn neun von zehn Cyber-Angriffen starten mit dem Faktor Mensch. Größtes Einfallstor für Cyber-Attacken sind nach wie vor Phishing-Mails. Die EU-Agentur für Cybersicherheit spricht von einem coronabedingten Phishing-Mail-Anstieg auf das Siebenfache. Solche Mails zu simulieren ist essenzieller Bestandteil der SoSafe-Lösung.
  • Sympatient GmbH, Hamburg: Zehn Millionen Menschen in Deutschland leiden an Angststörungen. Die Invirto-App von Sympatient könnte mehr als der Hälfte von ihnen helfen. Sie bringt den „Goldstandard der Angsttherapie“, die sogenannte Exposition, aufs Smartphone. Die App kombiniert klassische Therapie mit Virtual Reality und transferiert sie ins Digitale. Das vielversprechende, digitale Medizinprodukt des jungen Unternehmens wird von allen gesetzlichen Krankenkassen erstattet.
  • yuri GmbH, Meckenbeuren: Laborversuche in Schwerelosigkeit einfacher, schneller und kostengünstiger ermöglichen – auf Parabelflügen oder auf der Internationalen Raumstation ISS: Mit einem ausgeklügelten Baukastensystem aus Mini-Laboren hat yuri die „Demokratisierung der Schwerelosigkeit“ zum Geschäftsmodell erklärt. Versuche sind ab 10.000 Euro möglich, zur ISS gehts ab 95.000 Euro. Elf Mal schon absolvierte das Team erfolgreiche Missionen auf die Internationale Raumstation.

In der Kategorie Aufsteiger werden Unternehmen ausgezeichnet, die nicht älter als neun Jahre sind und bereits ein außerordentliches Wachstum erreicht haben. Nominiert sind in diesem Jahr:

  • Hydrogenious LOHC Technologies GmbH, Erlangen: Grüner Wasserstoff ist in vielen Industrien für die Transformation zur Klimaneutralität essenziell, von der Stahlerzeugung bis zur Glasherstellung. Mit Hilfe der von Hydrogenious entwickelten LOHC-Technologie kann grüner Wasserstoff gefahrlos und effizient gelagert und transportiert werden: Das leicht entzündliche Gas wird an ein Öl gebunden, später wird es wieder freigesetzt. Das Öl selbst wird wiederum für die nächste Ladung benutzt.
  • Nect GmbH, Hamburg: Über 3,5 Millionen Identitäten hat die Nect GmbH mit ihrer „Selfie-Ident“-App bereits verifiziert, täglich kommen bis zu 20.000 weitere dazu. Das innovative Verfahren kombiniert Selfie-Videos mit künstlicher Intelligenz, überprüft die Echtheit des Ausweisdokuments anhand der Sicherheitsmerkmale und die Lebendigkeit des Nutzers anhand der Muskelbewegungen im Gesicht. Der Gang zur Postfiliale oder lange Wartezeiten beim Videogespräch mit einem Agenten entfallen.
  • Wildling Shoes GmbH, Engelskirchen: Ein Großteil der Menschen ist wegen einengender Schuhe fußkrank. Wildling hat seinen innovativen Ansatz, Füßen möglichst viel Freiheit zu lassen, kompromisslos und erfolgreich umgesetzt, dafür Fans in aller Welt gewonnen. Der Schuh wurde völlig neu konstruiert, zu den verwendeten Materialen zählt sogar Papier. Mit einer Dicke ab 1,5 Millimeter ermöglicht die Wildling Sohle, den Untergrund wieder aktiv wahrzunehmen und trainiert zudem die Muskulatur.

Die sechs Finalisten erhalten eine individuelle, auf ihre Bedürfnisse zugeschnittene Beratung durch die Porsche Consulting. Zudem übernehmen Mitglieder des Kuratoriums des Deutschen Gründerpreises über einen Zeitraum von zwei Jahren Patenschaften für jeden Finalisten und stellen ihr Know-how und ihre Erfahrungen zur Verfügung. Die Unternehmen erhalten außerdem ein Medientraining beim ZDF sowie Zugang zum Netzwerk des Deutschen Gründerpreises.

Vorgeschlagen wurden die Unternehmen durch die rund 300 Experten des Deutschen Gründerpreises. Sie stammen aus renommierten Unternehmen, Technologiezentren, Ministerien, Gründungsinitiativen und der Sparkassen-Finanzgruppe. Die Experten verfügen über jahrelange Erfahrungen mit Unternehmensgründungen und sehr gute Branchenkenntnisse. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie unterstützt den Deutschen Gründerpreis.

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