Neue Einblicke mit spezieller Laser-Messapparatur
Mit einer neuartigen Laser-Messapparatur erzielten Wissenschaftler neue Einblicke in eine besondere Art von Molekül-Verbindungen
Universität Siegen
„Chirale Moleküle haben einzigartige Eigenschaften, die sie für viele Materialanwendungen interessant machen“, sagt Prof. Dr. Kawon Oum aus dem Forschungsteam der Physikalischen Chemie 2 an der Universität Siegen. Ein Beispiel sind so genannte Polymer-Dünnschichten, also größere Verbindungen von Molekülen, die „chirales Licht“ aussenden und erkennen können – je nachdem, ob das chirale Licht links- oder rechtsdrehend ist. „Mit solchen chemischen Strukturen könnte man in Zukunft zum Beispiel Computer-Displays einfacher herstellen als bisher. Auch als zusätzliche Sicherheits-Marker auf Geldscheinen wären sie denkbar“, erklärt Prof. Dr. Thomas Lenzer.
Mehr über die Eigenschaften solcher besonderen Molekül-Verbindungen zu erfahren, um zum Beispiel die Stärke der Chiralität in Zukunft gezielt steuern zu können, war ein Ziel der Chemiker. „Eine ungeklärte Frage in diesem Zusammenhang war, ob die Chiralität eine Eigenschaft der einzelnen Moleküle ist – oder ob sie auf die Art und Weise zurückzuführen ist, wie die Molekül-Ketten innerhalb der Dünnschicht angeordnet sind“, erläutern Doktorand Marius Morgenroth und Nachwuchsgruppen-Leiter Dr. Mirko Scholz.
Um chemische Reaktionen von chiralen Verbindungen optisch verfolgen zu können, hat das Siegener Team zunächst einen speziellen Aufbau für die Mikroskopie entwickelt. Das Herzstück war jedoch das Design einer neuen Laser-Messapparatur, die hinsichtlich ihrer Zeitauflösung und spektralen Abdeckung bisher so noch nicht verfügbar war. „Mit dieser Neuentwicklung können wir chemische Prozesse sichtbar machen, die in unvorstellbar kurzen Zeiteinheiten ablaufen“, erklärt Prof. Lenzer – und meint damit so genannte ‚Femto‘-Sekunden: „Eine Femto-Sekunde verhält sich zu einer Sekunde, wie eine Sekunde – oder auch ein Herzschlag – zu 32,7 Millionen Jahren.“
Mit dieser neuen und hochsensiblen Messtechnik konnten die Siegener Wissenschaftler den Ursprung der Chiralität in den untersuchten Verbindungen klar nachweisen: Die Messungen haben gezeigt, dass dieses besondere Phänomen nicht auf die Beschaffenheit einzelner Moleküle zurückzuführen ist, sondern auf die Art und Weise, wie die Molekül-Ketten in den Verbindungen oder Dünnschichten angeordnet sind. „Die chirale Anordnung der Schichten kann man sich wie einen Stapel Toastbrot-Scheiben vorstellen, bei dem jede Scheibe regelmäßig um einen kleinen Winkel gegen die darunter liegende verdreht ist“, erklärt Marius Morgenroth. „Je nachdem, in welche Richtung man die Scheiben verdreht, bekommt man eine rechts- oder linksdrehende Spirale, die sich spiegelbildlich zu ihrem Gegenüber verhält. Über die Zahl der Stapel kann man die Stärke der Chiralität steuern.“
Unterstützung für ihre Forschungsarbeit haben die Siegener Chemiker aus Südkorea bekommen: Die Korea-Universität in Seoul stellte ihnen die chiralen Molekül-Ketten zur Verfügung, aus denen anschließend in Siegen die Dünnschichten für die Messungen hergestellt wurden. Finanzielle Unterstützung erhält das Team außerdem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), die die Forschung zu Bild-Spiegelbild-Verhalten in Molekülen an der Universität Siegen schon seit mehr als vier Jahren fördert. „Wir möchten unsere Arbeit in diesem Bereich auf jeden Fall fortsetzen“, sagen Prof. Oum und Prof. Lenzer. „Ein Traum dabei ist es, unsere Messmethoden noch empfindlicher zu machen. Dann könnte es uns gelingen, anhand von Änderungen der Chiralität ultraschnelle Strukturveränderungen während einer chemischen Reaktion direkt zu verfolgen. Daraus könnte sich in Zukunft eine Alternative zu zeitaufgelösten Röntgenmethoden entwickeln.“