Krisen-Tarifrunde: Gemeinsam aus dem Krisenmodus herausbewegen

Kein Nachholbedarf in der Hochlohn-Branche Chemie und Pharma

11.04.2024
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„Es ist höchste Zeit, dass die IGBCE die kritische Lage der gesamten Branche anerkennt und sieht, dass wir uns nur gemeinsam aus dem Krisenmodus herausbewegen können“, fordert BAVC-Verhandlungsführer Matthias Bürk vor dem Auftakt der Chemie-Tarifverhandlungen in der kommenden Woche. „Bislang redet sich die Gewerkschaft die Lage schön, um eine Entgeltforderung zu rechtfertigen, die mit der wirtschaftlichen Situation nicht in Einklang zu bringen ist. Seit Beginn des russischen Krieges gegen die Ukraine ist die Produktion von Chemie und Pharma in Deutschland um 9 Prozent geschrumpft. Der Umsatz liegt mit minus 10 Prozent noch tiefer in den roten Zahlen. Wir verlieren Boden in Sachen Wettbewerbsfähigkeit und haben 2023 nicht mehr produziert als 2005.“

Auch sei derzeit kein Aufschwung in Sicht. „Die Forderung der IGBCE ist weder krisengerecht noch finanzierbar. Wo keine Zuwächse sind, können wir keine verteilen. Wir müssen dem Schutz des Standorts Deutschland oberste Priorität einräumen und die begonnene De-Industrialisierung gemeinsam stoppen. So sichern wir Beschäftigung. Eine Branche in der Krise braucht einen Tarifabschluss für die Krise“, so Bürk.

Kein Nachholbedarf in der Hochlohn-Branche Chemie und Pharma

Hinzu kommt, dass die Entgelte zu Jahresbeginn bereits um 3,25 Prozent erhöht wurden. Weitere 1.500 Euro steuer- und beitragsfreies Inflationsgeld gab es in diesem Jahr obendrauf. Die Inflationsprognose liegt aktuell bei 2,3 Prozent. Bürk: „Die Beschäftigten werden 2024 ohne jede weitere Tariferhöhung real mehr Geld in der Tasche haben.“ Ohnehin sei die Chemie- und Pharmaindustrie unverändert eine Hochlohn-Branche, in der es keinen Nachholbedarf bei den Entgelten oder anderen tariflichen Leistungen gibt. Im Schnitt verdienen Tarifbeschäftigte in unserer Branche 73.000 Euro jährlich (Vollzeit). Der Anstieg der tariflichen Leistungen liegt mit plus 48 Prozent seit 2010 deutlich über dem Preisanstieg im selben Zeitraum (plus 36 Prozent).

Bürk: „Tarifbindung auf beiden Seiten stärken“

BAVC-Verhandlungsführer Bürk bekräftigt zugleich das Interesse der Chemie-Arbeitgeber an einer Stärkung der Chemie-Sozialpartnerschaft. „Wir stehen zu dem gemeinsamen Ziel, die Tarifbindung auf beiden Seiten zu steigern. Die geforderte Besserstellung von Gewerkschaftsmitgliedern lehnen wir allerdings ab. Eine Differenzierung nach Gewerkschaftszugehörigkeit spaltet die Belegschaften und findet auf Arbeitgeberseite keine Akzeptanz. Dadurch drohen Austritte aus den Arbeitgeberverbänden und damit eine Schwächung der Tarifbindung. Die Arbeitgeber haben ihrerseits mehrere Angebote entwickelt, um die Tarifbindung auf beiden Seiten zu stärken. Diese gilt es nun ernsthaft zu prüfen.“

Einer Modernisierung des Bundesentgelttarifvertrags stehen die Arbeitgeber grundsätzlich offen gegenüber. „Allerdings dürfen keine zusätzlichen Kosten durch die Hintertür entstehen“, betont Bürk. „Die Arbeitgeber streben seit Langem eine Entschlackung der Chemie-Tarifverträge an, um deren Anwendung schneller, flexibler und einfacher zu machen. Wir werden eine Reihe von Vorschlägen in die Diskussion einbringen, die die Komplexität reduzieren und den Chemie-Tarif attraktiver machen können. Stichwort: Entbürokratisierung überall!“

Die Tarifverhandlungen für die 585.000 Beschäftigten in den 1.700 Betrieben der Chemie- und Pharmaindustrie beginnen am 15. April 2024 mit den Verhandlungen auf regionaler Ebene.

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