Herausragende Umwandlung von Licht in chemische Energie mit „Coulomb-Dyaden“
Mainzer Forschende haben eine neuartige Klasse von Photokatalysatoren entworfen, die teure Edelmetalle effizienter nutzen
© Matthias Schmitz
Ein völlig anderer Ansatz und hervorragende Ergebnisse in ersten Testreaktionen
Derzeit wird viel darüber geforscht, wie wohlbekannte Katalysatoren auf Basis teurer Edelmetalle durch günstigere Nicht-Edelmetalle ersetzt werden könnten. „Im Gegensatz dazu nutzen wir etablierte Photokatalysatoren und fügen preiswerte Additive hinzu, um die Eigenschaften im Hinblick auf Leistung und Haltbarkeit noch weiter zu verbessern“, erklärt Kerzig. „Diese Strategie ermöglicht es, einen vorhandenen metallbasierten Photokatalysator viel effizienter zu nutzen, sodass die benötigte Katalysatormenge drastisch reduziert werden kann“, fügte der Chemiker hinzu.
Maßgeschneiderte Photokatalysatoren mit herausragenden Wirkungsgraden bestehen oft aus zwei photoaktiven Einheiten, die über eine kovalente Bindung verknüpft sind. Diese sogenannten molekularen Dyaden müssen in einer mehrstufigen Synthese hergestellt werden, weshalb sie für großtechnische Anwendungen zu teuer wären. Das Team von Christoph Kerzig hat mit seinem neuartigen Ansatz hocheffiziente Dyaden-Photokatalysatoren relativ einfach erzeugt: Zwei kommerziell erhältliche Salze werden gemischt und aufgrund anziehender elektrostatischer Wechselwirkungen, also den Coulomb-Wechselwirkungen, bilden die photoaktiven Einheiten ein Ionenpaar, sodass sie synergetisch wechselwirken.
Die in der vorliegenden Arbeit beschriebenen Coulomb-Dyaden wurden durch einen spektroskopiegeleiteten Ansatz identifiziert und optimiert. Laser-Großgeräte, die in der Kerzig-Gruppe bereits früher für detaillierte Untersuchungen dienten, kamen hier erneut zum Einsatz und trugen dazu bei, alle wichtigen Reaktionsschritte von der Lichtabsorption durch den Metallkomplex bis zur Aktivierung der Moleküle, die die Photonenenergie speichern, zu verstehen. Zu den ersten Versuchen mit der neuartigen Katalysatorklasse gehören Reaktionen, bei denen neue chemische Bindungen zwischen zwei Kohlenstoffatomen gebildet werden – eine der fundamentalsten Reaktionen in der Chemie – und die sogenannte Photooxygenierung eines aus Holz gewonnenen Ausgangsmaterials, bei der Sauerstoff in ein Molekül eingebaut wird. Die Ergebnisse zeigen, dass die Coulomb-Dyade wirksamer ist als etablierte und in der Regel teurere Katalysatoren. Sonnenlicht und LED-erzeugtes Licht kann somit effizienter genutzt und umgewandelt werden.
Laufende Arbeiten an diesem vielseitigen Konzept
Zahlreiche weit verbreitete Photokatalysatoren sind ionischer Natur. Daher vermuten die Forschenden, dass der neuartige Ansatz das Potenzial hat, zu einer allgemeinen Strategie entwickelt zu werden, um die Effizienz lichtgetriebener Reaktionen zu verbessern. Ihre vielversprechenden experimentellen Ergebnisse zeigen, dass das Lösungsmittel eine entscheidende Wirkung hat. Je nach Lösungsmittel können unterschiedliche Coulomb-Dyaden wie mit einem Baukasten gestaltet werden, indem verschiedene photoaktive Anionen und Kationen kombiniert werden.
Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) fördert diese Forschung durch eine individuelle Projektförderung und der Fonds der Chemischen Industrie unterstützt das Projekt durch ein Promotionsstipendium für Matthias Schmitz. Die Förderung wird weitere Forschungsaktivitäten in diese Richtung ermöglichen, von denen Christoph Kerzig hofft, dass sie zu Photoreaktionen im industriellen Maßstab mit der neuartigen Photokatalysatorklasse führen.