Zahlungsmoral in Chemie- / Pharmabranche vorbildlich

Kreditversicherer Atradius registrierte selbst auf dem Höhepunkt der Wirtschaftskrise keine Veränderung des überdurchschnittlich guten Zahlungsverhaltens

11.02.2011 - Deutschland

Die deutschen Chemie- und Pharmaunternehmen haben sich trotz Krise als vorbildliche Zahler behauptet. Zu dieser Einschätzung kommt der Kreditversicherer Atradius, der für die Absicherung von Forderungen auf Bonitätsinformationen von 52 Millionen Unternehmen weltweit zurückgreift. „Selbst auf dem Höhepunkt der Wirtschaftskrise konnten wir in der Chemie- und Pharmabranche keine nennenswerte Verschlechterung der Zahlungsmoral feststellen“, so Michael Karrenberg, Leiter Risikomanagement bei Atradius in Köln. Demnach werden Rechnungen weiterhin verlässlich nach durchschnittlich 45 Tagen beglichen, innerhalb Deutschlands sogar deutlich schneller.

Atradius erwartet denn auch, dass sich die positive Entwicklung der Branche insgesamt weiter fortsetzt: „Chemie- und Pharmaunternehmen zeichnen sich im Allgemeinen durch eine starke Eigenkapitaldecke sowie durch eine gute Bonität und Liquidität aus“, so Karrenberg. Die Insolvenzquote sei im Vergleich zu anderen Branchen sehr gering. Wachstumspotenzial sieht Karrenberg vor allem im rasanten Nachfrageanstieg in Schwellenländern wie China, Brasilien und Indien.

Insolvenzgefahr durch neues Arzneimittelgesetz

Die Aussichten sind jedoch nicht ausnahmslos positiv. Der Pharmaindustrie steht im Inland ein eher schwieriges Jahr bevor. Die jüngste Gesundheitsreform der Bundesregierung sieht unter anderem höhere Zwangsrabatte vor, die die Pharmaindustrie den gesetzlichen Krankenkassen gewähren muss, sowie Preismoratorien für Medikamente und weitere Rabattregelungen. Der Großhandel wird die damit verbundenen Mindereinnahmen von 200 Millionen Euro zumindest teilweise an die Apotheker weitergegeben. Das Problem: In 2010 erwirtschafteten 23 Prozent aller Apotheken ein schwaches Betriebsergebnis von weniger als 50.000 Euro. 2009 waren es nur 19,6 Prozent. „Die im Zuge der Reform zu erwartenden stagnierenden oder rückläufigen Umsätze und Gewinnspannen werden einige Apotheken nicht verkraften können. Daher rechnen wir mit einer steigenden Anzahl von Insolvenzen in diesem Bereich“, so Karrenberg von Atradius. „Um zu einer individuellen Bonitätseinschätzung zu gelangen, analysieren wir aktuell verstärkt Bilanzen und betriebswirtschaftliche Auswertungen dieser Betriebe und bringen in Erfahrung, ob und wie sich die Apotheken bereits mit der Thematik auseinandergesetzt haben. In jedem Fall raten wir den Apothekern, sich hier nicht auf ihr Bauchgefühl zu verlassen, sondern professionelle Beratung in Anspruch zu nehmen“, so Karrenberg weiter.

Belastung durch hohe Ölpreise und geringe Gewinnmargen

In der Chemiebranche geraten kleinere Hersteller von Standardkunststoffteilen durch steigende Ölpreise vermehrt unter Druck, weil es ihnen kaum möglich ist, Preissteigerungen weiterzureichen. Auch im Mineralölsektor selbst sind die Risiken für einige Unternehmen sehr hoch. Händler in dieser Sparte verfügen im Allgemeinen über geringe Eigenkapitalquoten und Gewinnspannen und erzielen im Verhältnis zu ihrem Eigenkapital und Anlagevermögen hohe Umsätze. „Da die Außenstände in dieser Sparte üblicherweise recht hoch sind, können ungesicherte Gläubiger bei Zahlungsausfällen schnell in eine finanzielle Schieflage geraten“, so Karrenberg.

Aktuell entfallen rund 14 Prozent aller von Atradius abgesicherten deutschen Exporte auf die Chemie- und Pharmaindustrie. Fast 40 Prozent davon gehen an Abnehmer außerhalb der EU.

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