Nobelpreis für Physik 2013: Theorie der Elementarteilchen
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Die Royal Swedish Academy of Sciences vergibt den Nobelpreis an Theoretische Physiker in der Regel erst dann, wenn ihre Errungenschaften experimentell bestätigt sind. Aufgrund der großen Masse des Higgs-Bosons mussten die Wissenschaftler bis zum Start des LHC warten: Dieser erschließt seit 2009 bei der Suche nach neuen Elementarteilchen unerforschte Bereiche für Teilchenmassen und -energien. Endlich konnten die Forscherinnen und Forscher Existenz und Eigenschaften des lang gesuchten Teilchens bestimmen: „Higgs oder nicht Higgs? Der LHC hat diese grundlegende Frage beantwortet“, sagt Prof. Dr. Stefan Dittmaier vom Physikalischen Institut der Universität Freiburg, der von 2010 bis 2012 die Arbeitsgruppe LHC Higgs Cross Section Group in Genf leitete. „Higgs-Bosonen sind nun feste Bestandteile praktisch aller Ansätze zu einer umfassenderen Theorie der fundamentalen Wechselwirkungen. Die Nobelpreisträger verdienen als Wegbereiter allergrößte Hochachtung."
Die Arbeitsgruppen der Theoretischen Teilchenphysiker Stefan Dittmaier und Prof. Dr. Jochum Johan van der Bij von der Albert-Ludwigs-Universität spielten bei der theoretischen Wegbereitung für die Higgs-Entdeckung zentrale Rollen: Sie lieferten detaillierte und komplexe Vorhersagen für die am LHC beobachteten Proton-Kollisionen, um präzise Aussagen über Modelle aus den Messdaten gewinnen zu können. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Arbeitsgruppen der Experimentellen Teilchenphysiker Prof. Dr. Gregor Herten und Prof. Dr. Karl Jakobs bauten wesentliche Komponenten des ATLAS-Experiments am Physikalischen Institut in Freiburg. Darüber hinaus waren die Arbeitsgruppen von Karl Jakobs und Prof. Dr. Markus Schumacher, ebenfalls Experimenteller Teilchenphysiker, an der direkten Analyse und an der Entdeckung des Higgs-Teilchens beteiligt.
Markus Schumachers Arbeitsgruppe betreibt zudem ein GRID-Computing-Zentrum am Rechenzentrum der Universität Freiburg: Die Albert-Ludwigs-Universität ist in ein weltumspannendes Netzwerk von ATLAS-Rechenzentren eingebunden, in denen in den Experimenten aufgezeichnete Daten verarbeitet werden. Auch zukünftig gibt es am LHC viel zu entdecken, sagt Schumacher: "Es bleiben weiterhin noch viele grundlegende Fragen offen, zum Beispiel nach der Natur der ‚Dunklen Materie‘. Durch die weitere und präzisere Untersuchung der Eigenschaften des Higgs-Bosons wird ein einzigartiges Portal zu ‚Neuer Physik‘ jenseits der Standardtheorie geöffnet. Es bleibt weiterhin spannend.“
Im Jahr 1964 schlugen Peter Higgs und – unabhängig von ihm – Robert Brout sowie Francois Englert eine mathematische Struktur vor, die es erlaubt, Massen von Elementarteilchen widerspruchsfrei in die Theorie einzuführen. Basierend auf dieser Idee wurde in den späten 60er Jahren die bis heute erfolgreiche Theorie der elektroschwachen Wechselwirkung konstruiert, die einen Grundpfeiler der heutigen Theorie der fundamentalen Wechselwirkungen darstellt. Peter Higgs erkannte als erster: Wenn diese mathematische Idee in einer physikalischen Theorie umgesetzt wird, sagt sie die Existenz eines neuen Teilchens vorher. Deshalb erhielt dieses Partikel den Namen Higgs-Boson. Für Robert Brout kam die Entdeckung des Higgs-Bosons leider zu spät: Er verstarb 2011, wäre aber neben Higgs und Englert ebenfalls ein Kandidat für den Nobelpreis gewesen.