Wie man Graphen supraleitend machen kann

13.02.2014 - Österreich

Sobald ein neuartiges Material entdeckt wird, ist eine der ersten Fragen: Kann das neue Material supraleitend sein? Das gilt insbesondere für das Wundermaterial Graphen. Nun erforschte ein internationales Team um Wissenschaftler der Universität Wien den supraleitenden Paarungsmechanismus in mit Kalzium dotierten Graphen. In ihren Arbeiten verwendeten sie Synchrotronstrahlung, um damit die winkelaufgelöste Photoemission von Graphen zu messen. Ihre Ergebnisse erscheinen im renommierten Journal Nature Communications.

A. Grüneis und A.V.Fedorov

Winkelauflösende Photoemissions-Messungen an mit Kalzium dotiertem Graphen. Links: die Fermi-Fläche von dotiertem Graphen (oben) und der Dirac-Kegel (unten). Rechts: Die spektrale Funktion, aus der die WissenschafterInnen den supraleitenden Kopplungsmechanismus bestimmen

Supraleitende Materialien besitzen eine außerordentlich wertvolle Eigenschaft: Sie können elektrischen Strom verlustfrei transportieren, wenn sie unter eine kritische Temperatur gekühlt werden. Supraleitung entsteht in bestimmten Materialien durch die Paarung von Elektronen, die sich bei höheren Temperaturen normalerweise abstoßen würden. Wissenschaftler aus der Gruppe "Elektronische Materialeigenschaften" an der Fakultät für Physik (Universität Wien) und ihre internationalen Kollaborationspartner machten sich gemeinsam an die Arbeit, um den möglichen supraleitenden Paarungsmechanismus im Wundermaterial Graphen zu untersuchen.

Die Entdeckung von Graphen, eine Schicht von Kohlenstoffatomen so dünn wie ein einzelnes Atom, im Jahr 2004 gilt als einer der größten Durchbrüche in der Festkörperphysik. Die Bedeutung der zweidimensionalen Materialien ist so wesentlich, dass dafür ein Nobelpreis vergeben wurde. Bisher gab es jedoch keine Hinweise auf Supraleitung in Graphen, obwohl nahe Verwandte von Graphen wie z.B. Graphit und Fullerene durch das vorsätzliche Einführen von Elektronen (Dotieren) zu Supraleitern werden.

Einsteins weitläufiger Erbe: die winkelaufgelöste Photoemission

Um Aufschluss über eine mögliche Supraleitung in Graphen zu erhalten, machten die WissenschafterInnen von einer der leistungsfähigsten Methoden der Festkörperspektroskopie Gebrauch: die winkelaufgelöste Photoemission (engl. ARPES). Wenn ein Lichtteilchen auf ein Material auftrifft, kann es so viel Energie auf ein Elektron im Inneren des Materials übertragen, dass das Elektron aus dem Material herausgeschlagen wird (der von Albert Einstein entdeckte photoelektrische Effekt). Die ForscherInnen messen dann, unter welchem Winkel die Elektronen aus dem Material entweichen, und können so nützliche Informationen über die elektronischen Eigenschaften eines Materials und die komplexe Vielteilchenphysik erfahren.

Nikolay Verbitskiy und Alexander Grüneis von der Universität Wien zusammen mit Alexander Fedorov und Denis Vyalikh vom IFW-Dresden und der TU-Dresden und Danny Haberer von der University of California / Berkeley sowie weitere KollegInnen setzten die winkelaufgelöste Photoemissionmethode am Elettra Synchrotron in Triest ein. Dabei untersuchten sie das Zusammenspiel einer Reihe von Elektronendonoren (Cs, Rb, K, Na, Li, Ca) mit einer Monoschicht Graphen.

Kalzium macht das Rennen

Dabei fanden die WissenschaftlerInnen heraus, dass Kalzium der vielversprechendste Kandidat ist, um Supraleitung in Graphen bei einer kritischen Temperatur von 1,5K einzuleiten. Diese Temperatur ist relativ niedrig im Vergleich zu Fullerenen, die bei 33K supraleitend werden. Allerdings hat Graphen einige entscheidende Vorteile: Es besteht nur aus Oberfläche und kann leicht chemisch funktionalisiert werden. Außerdem kann es in verschiedenen Stapelfolgen gewachsen werden und auf unterschiedliche Arten dotiert werden. Dadurch bietet Graphen den ExperimentatorInnen eine Vielzahl an Möglichkeiten, um die elektronischen Eigenschaften gezielt zu modifizieren.

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