Ladungsstau in der Solarzelle

Erkenntnisse zum Ladungstransport geben Hinweise, wie sich neuartige Perowskit-Solarzellen weiter verbessern lassen

26.09.2014 - Deutschland

Die herkömmlichen Solarzellen aus Silizium könnten künftig preiswerte Konkurrenz bekommen. Forscher des Max-Planck-Instituts für Polymerforschung in Mainz haben gemeinsam mit Wissenschaftlern aus der Schweiz und aus Spanien die Wirkungsweise eines neuartigen Typs von Solarzellen untersucht, bei denen eine organisch-anorganische Perowskit-Verbindung Licht absorbiert. Sie beobachteten, dass sich in diesen fotovoltaischen Elementen an einer bestimmten Schicht Ladungsträger stauen. Gelingt es, diesen Stau aufzulösen, könnte das die ohnehin schon beachtliche Effizienz der Solarzellen weiter steigern. Perowskit-basierte Solarzellen könnten unter den erneuerbaren Energieträgern zukünftig eine große Rolle spielen. Denn anders als die etablierten Solarzellen aus Silizium, die in der Herstellung sehr energieaufwändig und teuer sind, bestehen diese Zellen aus kostengünstigen Materialien und sind einfach herzustellen.

© MPI für Polymerforschung

Mit einem Kraftmikroskop untersuchen Mainzer Max-Planck-Forscher Solarzellen den Ladungstransport in einer Perowskit-Solarzelle. Die Solarzelle wird dabei von links angestrahlt. [weniger]

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Stau in der Solarzelle: Die Perowskit-Schicht (orange) befindet sich in der nach ihr benannten Solarzelle zwischen einer porösen Schicht (grau) aus Titandioxid, die Elektronen zu der unteren Elektrode (grau schraffiert) leitet, und einer organischen Schicht, die positiv geladene Löcher zur oberen Elektrode (gelb) transportiert. Die Mainzer Max-Planck-Forscher haben festgestellt, dass sich die positiven Löcher an der organischen Schicht stauen. Diese Erkenntnis gibt einen Hinweis, wie sich die Effizienz der Perowskit-Solarzellen weiter verbessern lässt.

© MPI für Polymerforschung
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Erneuerbare Energieträger sind ein wesentliches Element der Energiewende – doch ihr Einsatz muss sich lohnen. Gerade in einem sonnenarmen Land wie Deutschland ist das bei Solarzellen oft nicht der Fall. Die seit einigen Jahren erforschten Perowskit-Solarzellen könnten das ändern, aber sie müssen noch effizienter werden. Genau daran arbeitet ein Team um Rüdiger Berger, der eine Forschungsgruppe am Max-Planck-Institut für Polymerforschung leitet.

Perowskit Solarzellen produzieren Strom mithilfe einer Schicht aus einer organisch-anorganischen Verbindung, die in einer Perowskit-Struktur kristallisiert. In dieser Struktur ordnen sich die Ionen kubisch, also in einem rechtwinkligen Gitter an. „Perowskit-Materialien absorbieren sehr gut Licht“, erklärt Rüdiger Berger die Funktionsweise der Solarzelle. „Das von der Perowskit-Schicht absorbierte Licht entreißt einem Atom ein Elektron; zurück bleibt eine positiv geladene Fehlstelle, die wir auch „Loch“ nennen. Jetzt müssen wir nur noch die Elektronen zur einen und die Löcher zur anderen Elektrode bringen – schon entsteht Strom.“

Löcher erreichen ihre Elektrode nicht so schnell wie Elektronen

In der Solarzelle liegt die Perowskit-Struktur daher auf einer feinporigen Schicht aus Titandioxid, das die unter Beleuchtung erzeugten Elektronen einsammelt und zur unteren Elektrode leitet. Auf der Oberseite des Perowskits befindet sich eine Schicht aus dem organischen Lochleiter Spiro-OMeTAD, der die Löcher zur oberen Elektrode transportiert. „Die vielen unterschiedlichen Schichten in der Solarzelle sind extrem wichtig. Sie stellen die effiziente Trennung zwischen den beiden Ladungsträgern sicher“, sagt Rüdiger Bergers Kollege Stefan Weber. „Allerdings müssen die Ladungsträger jedes Mal, wenn sie von einem Material ins andere übergehen, eine kleine Barriere überwinden. Diese Barrieren wirken wie eine Baustelle auf einer stark befahrenen Autobahn, an der sich die Fahrzeuge zurückstauen. Dieser Ladungsstau in der Solarzelle führt zu  Verlusten und damit zu einer niedrigeren Effizienz“

In mehreren Messreihen stellten die Forscher fest, dass sich die lichtabsorbierende Perowskitschicht unter Beleuchtung stark positiv auflädt. Als Grund vermuten sie, dass der Elektronenleiter Titandioxid effektiver arbeitet als der Lochleiter. Die Löcher erreichen ihre Elektrode nicht so schnell wie die Elektronen, sie stauen sich auf dem Weg. Durch den Überschuss an positiven Ladungen in der Perowskit-Schicht baut sich ein Gegenfeld auf, das den Transport der Löcher zusätzlich bremst.

Ein effektiverer Lochleiter könnte den Wirkungsgrad erhöhen

Um den Ladungsverkehr innerhalb der Solarzelle zu beobachten, hatten die Mainzer Wissenschaftler die Zelle in der Mitte durchgebrochen und die Bruchstelle mit einem fein fokussierten Ionenstrahl glatt poliert. Mithilfe der sogenannten Kelvinsonden-Mikroskopie gelang es ihnen, das elektrische Potential in jeder Schicht der Solarzelle abzubilden. Aus der Potentialverteilung zogen die Forscher dann Rückschlüsse auf die Feldverteilung und damit den Ladungstransport durch die verschiedenen Schichten der Zelle.

„Wir konnten die Ladungsverteilung innerhalb der Zelle erstmals in genauen Zusammenhang mit den einzelnen Schichten bringen“, sagt Rüdiger Berger. „Der Ladungsstau der positiven Ladungen in der Perowskit-Schicht beim Einschalten des Lichts sagt uns, dass der Transport durch den Lochleiter derzeit den Flaschenhals für die Effizienz der Solarzelle darstellt.“ Gelänge es, einen effektiveren Lochleiter zu installieren, könnte das den Wirkungsgrad der Perowskit-Solarzellen auf über 20 Prozent zu erhöhen, sodass sie zu einer echten Konkurrenz für die etablierten Silizium-Solarzellen würden.

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