Bodensanierung mit gentechnisch modifizierten Pflanzen
Grüne Helfer für den Umweltschutz
Mit Chemikalien verseuchte Böden werden in Industriestaaten zu einem immer größeren gesundheitlichen und finanziellen Problem. Ein Paradebeispiel dafür lieferte unlängst die Sanierung des Geländes der ehemaligen Farbenfabrik Vossen im hessischen Bad Homburg: Im Jahr 1981 hatte die Stadt das Betriebsgelände zur Bebauung mit Wohnhäusern freigegeben. Bei den darauffolgenden Ausschachtungsarbeiten kam eine geradezu beispiellose Umweltverschmutzung ans Licht - jahrzehntelang waren Farbreste und andere chemische Abfälle auf dem Betriebsgelände "entsorgt" worden. Der Boden war stark verseucht, unter anderem mit Blei, Chrom, Zink und Dioxin. Mittlerweile mussten fast 32.000 Tonnen kontaminierten Bodens entsorgt werden. Die Sanierungskosten belaufen sich auf mehr als neun Millionen Euro. Im Herbst 2002 wurde die Sanierung abgeschlossen. Wer bezahlt das alles? Diese Frage ist noch lange nicht geklärt; damit werden sich wohl die Gerichte beschäftigen müssen.
Experten suchen schon seit geraumer Zeit nach neuen Ansätzen, um solche Umweltsünden in den Griff zu bekommen. So arbeiten eine Reihe von Verfahren mit Bakterien, die ohnehin in verunreinigten Böden leben und dort bestimmte Schadstoffe abbauen. Mikroorganismen, die Schwermetalle aufnehmen und danach im Boden bleiben, entfernen diese jedoch nicht - im Gegensatz zu organischen Giften wie Dioxin sind Schwermetalle nicht abbaubar. Eine vergleichsweise einfache und preiswerte Reinigung belasteter Böden könnte aber durch den Anbau bestimmter Pflanzensorten erfolgen: Für ihr Wachstum benötigen sie eine ganze Reihe von Nährstoffen - darunter auch Substanzen, die in höheren Konzentrationen für den Menschen giftig sind.
Es gibt schätzungsweise an die 400 Pflanzenarten, die auf stark metallhaltigen Böden gedeihen. Sie nehmen nicht nur Metalle auf, sondern können diese sogar in Stiel und Blättern anreichern, ohne dabei Schaden zu nehmen. Die Pflanzen würden mit den Metallen geerntet und entsorgt. Bei jeder zweiten Altlast, so die Schätzung von Branchenkennern, ließe sich mit solchen Pflanzen ein Teil der Schadstoffe aus dem Boden holen. Die Experten sprechen von "Phytoremediation". Mit ausgesuchten Arten könnte man beispielsweise Ackerflächen reinigen, die jahrelang mit schwermetallhaltigem Klärschlamm gedüngt wurden.
Die Grundlagen für einen solchen potenziellen biotechnologischen Einsatz erarbeiten die Forscher um Ute Krämer am Max-Planck-Institut für molekulare Pflanzenphysiologie in Golm. Denn zum jetzigen Zeitpunkt spielt die Phytoremediation bei der Bodensanierung - zumindest in Deutschland - noch keine Rolle. Auf der Suche nach den Genen, die für die Metalltoleranz bestimmter Pflanzen entscheidend sein könnten, haben Ute Krämer und ihr Team zunächst einmal die Proteinbaupläne abgefangen, die aus den Zellkernen ihres Untersuchungsobjekts (der Pflanze Arabidopsis halleri) an die Proteinfabriken der Zelle, die Ribosomen, geschickt werden. Die in diesen so genannten Boten-RNAs (mRNA, engl. messengerRNA) enthaltenen genetischen Informationen haben die Wissenschaftler in Hefezellen eingebracht. Diejenigen Hefekolonien, die anschließend in der Lage waren, auch hohen Zinkkonzentrationen im Nährmedium standzuhalten, enthielten offenbar genetische Informationen, die für eine Metalltoleranz wichtig waren. Sie wurden einer genaueren Analyse unterzogen.
Dabei profitieren die Golmer Forscher von der im Jahr 2000 abgeschlossenen vollständigen Entschlüsselung des Erbguts von Arabidopsis thaliana, der genetischen Modellpflanze schlechthin. Arabidopsis halleri ist mit dieser Art sehr nah verwandt; daher kann die hohe Ähnlichkeit der Erbinformation als Ausgangspunkt für eine ganze Reihe von Experimenten genutzt werden. Die Forscher wollen vor allem wissen, welche Proteine der Organismus in hohen Mengen benötigt - entsprechend viele "Blueprints" (mRNA) sind erforderlich - und welche Proteine der Organismus weniger braucht. Die Menge an Boten-RNA in der Zelle lässt sich anhand von Mikrochips feststellen, die im Vorfeld mit den etwa 24.000 Genen von Arabidopsis thaliana bestückt wurden. Das Messsignal fällt stärker oder schwächer aus, je nachdem, ob viel oder weniger mRNA an den Chip bindet. Im Vergleich zwischen Arabidopsis thaliana und der "Metallpflanze" Arabidopsis halleri offenbaren sich hierbei deutliche Unterschiede. Und dies wiederum erlaubt die Identifikation einer ganzen Reihe von Gen-Kandidaten, deren genaue Funktionen im Netzwerk des besonderen Metallhaushalts von Arabidopsis halleri nun untersucht werden.
Die Golmer Forscher stehen erst am Anfang ihrer Arbeit. Den aktuellen Stand auf diesem Gebiet haben Ute Krämer und ihre Kollegen Stephan Clemens vom Leibniz-Institut für Pflanzenbiochemie in Halle und Michael Palmgren von der Universität in Kopenhagen, Dänemark, kürzlich in einem Review-Artikel in TRENDS in Plant Science zusammengefasst (TIPS, Vol. 7, No. 7, Juli 2002).