Sandwiches aus Metalloxiden: Wie sich Eigenschaften der Grenzflächen manipulieren lassen
M.Bibes
So genannte Sandwich-Systeme aus dünnen Schichten von Übergangsmetalloxiden zeigen oft überraschende Eigenschaften an den Grenzflächen. Das Paradebeispiel ist eine Doppelschicht aus Lanthan-Aluminat (LaAlO3) und Strontium-Titanat (SrTiO3): während die beiden Oxid-Schichten im Inneren des Materials elektrisch isolierend und unmagnetisch sind, beobachtet man an der Grenzfläche der beiden Schichten Ferromagnetismus, hohe Leitfähigkeit und unter bestimmten Bedingungen sogar Supraleitung.
Nun hat ein Team um Manuel Bibes vom CNRS in Thales, Frankreich, gemeinsam mit internationalen Partnern einen neuen Ansatz gefunden, um die Eigenschaften von Grenzflächen gezielt zu steuern. Zusammen mit Sergio Valencia und weiteren Wissenschaftlern vom HZB konzipierten sie eine Versuchsreihe an BESSY II, mit der sie nun aufsehenerregende Ergebnisse erzielt haben.
Selten-Erd-Elemente verändern den Ladungstransfer
Das Team um Manuel Bibes stellte dafür zunächst Doppelschichten aus extrem dünnen Metalloxid-Filmen her, einen Gadolinium-Titanat (GdTiO3)-Film und einen „R“-Nickelat (RNiO3)-Film, wobei „R“ ein Element aus der Gruppe der Seltenen Erden ist. „Es ist uns damit gelungen, zwei sehr unterschiedliche Übergangsmetalloxide zu kombinieren: Während in der chemischen Bindung der Titanat-Schicht die Elektronen stark lokalisiert sind, sind sie in der Nickelat-Schicht zwischen den Sauerstoff- und Nickelatomen verteilt (kovalente Bindung)“, erklärt Manuel Bibes. An der Grenzfläche wandern daher einige Ladungsträger aus der Titanat- in die Nickelat-Schicht. Diesen Prozess untersuchten die Wissenschaftler nun anhand von Proben mit unterschiedlichen Selten-Erd-Elementen: Lanthan, Neodym und Samarium.
An BESSY II konnten sie nun erstmals beobachten, dass der Ladungstransfer zwischen den beiden Schichten vom Selten-Erd-Element in der Nickelat-Schicht abhängt. Die unterschiedlichen Selten-Erd-Elemente besitzen verschiedene Atomradien. Dies beeinflusst die Wechselwirkungen zwischen den Nickel- und Sauerstoff-Atomen und damit auch die so genannte „Kovalenz“ und ihren Anteil an der chemischen Bindung. Dies ist soweit bekannt; aber die Wissenschaftler konnten nun erstmals beobachten, dass sich die Stärke der Kovalenz wiederum auf den Ladungstransfer von der Titanat- in die Nickelat-Schicht auswirkt. „Das ist das wichtigste Ergebnis“, sagt Valencia. „Wir haben damit entdeckt, wie wir die chemische Bindung beeinflussen können, um den Ladungstransfer zu steuern.“
Ferromagnetismus beobachtet, Supraleitung erhofft
Über diesen Mechanismus könnte man beeinflussen, wie sich neue Phasen an den Grenzflächen ausbilden, zum Beispiel der Ferromagnetismus, der in dem jetzigen Experiment beobachtet wurde. „Vielleicht können wir so auch unkonventionelle Supraleitung finden, die man in Analogie zu Kupraten auch in solchen Nickelat-Heterostrukturen vermutet “, hofft Valencia. “Wir hoffen, dass diese Arbeit dazu beitragen wird, bessere Grenzflächen zu entwickeln, an denen neue aufregende Phasen der Materie gezielt erzeugt und untersucht werden können“, sagt Manuel Bibes.
Originalveröffentlichung
M. N. Grisolia, J. Varignon, G. Sanchez-Santolino, A. Arora, S. Valencia, M. Varela, R. Abrudan, E.Weschke, E. Schierle, J. E. Rault, J.-P. Rueff, A. Barthélémy, J. Santamaria and M. Bibes; "Hybridization-controlled charge transfer and induced magnetism at correlated oxide interfaces"; Nature Physics
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