Chemiker-Origami: Künstliche Moleküle gezielt in schraubenförmige Strukturen falten

Chemiker ahmen Prinzipien der Natur nach

26.04.2016 - Deutschland

Künstliche Moleküle sind wie ein Blatt Papier. Chemiker können sie gezielt in bestimmte Formen falten. Die Form eines Moleküls auf ein anderes zu übertragen, ist jedoch eine besondere Herausforderung.

© RUB, Marquard

Eine Art Origami für chemische Substanzen hat ein Forscherteam entwickelt, dem auch der Bochumer Nils Metzler-Nolte angehört. Die Wissenschaftler falteten Moleküle so, dass bestimmte räumliche Strukturen entstanden.

Wie man Moleküle schraubenförmig aufwindet, beschreibt ein internationales Forscherteam in der Zeitschrift „Angewandte Chemie“. Die Wissenschaftler ahmten mit künstlichen Molekülen die Prinzipien nach, mit denen die Natur Biomolekülen ihre Funktion verleiht.

Struktur bestimmt Funktion von Molekülen

„Die Form von Molekülen bestimmt maßgeblich ihre Funktion“, sagt Prof. Dr. Nils Metzler-Nolte von der Ruhr-Universität Bochum, einer der Beteiligten. Ein Beispiel aus der Natur: „Wenn sich die Form bestimmter Enzyme verändert, verursacht das Krankheiten wie Krebs oder Alzheimer.“ Metzler-Nolte vom Lehrstuhl für Anorganische Chemie I kooperierte mit einem Team um Dr. Ivan Huc und Dr. Christos Tsiamantas vom CNRS und der Universität Bordeaux sowie japanischen Kollegen der Universität Kumamoto.

Helix-Form: eine besondere Herausforderung

Bislang war es eine Herausforderung gewesen, künstlichen Molekülen gezielt eine bestimmte Helix-Struktur zu verpassen. Denn es war nur schwer kontrollierbar, ob sich ein Molekül links- oder rechtsherum schraubenförmig aufwindet. Genau das gelang dem Team aus Frankreich, Deutschland und Japan. Darüber hinaus zeigten die Wissenschaftler auch einen Mechanismus, mit dem eine Helix ihre Struktur durch einfache Berührung auf ein anderes Molekül übertragen kann.

Moleküle falten wie ein Blatt Papier

Die Chemiker arbeiteten mit sogenannten aromatischen Oligoamiden. Dabei handelt es sich um kettenförmige Moleküle, die sich von Ammoniak ableiten. Zu Beginn lagen sie als gerade Schnur mit knubbeligen Bereichen vor. „So wie eine Kette mit Perlen, die ungeordnet vor einem auf dem Tisch liegt“, veranschaulicht Metzler-Nolte. Dann falteten die Forscher das Molekül in die gewünschte räumliche Struktur, indem sie an einigen Positionen der Kette Schwefelbrücken einbauten, also Bindungen zwischen zwei Schwefelatomen. „So falten wir ein Molekül wie ein Blatt Papier, das man immer wieder knickt“, vergleicht Nils Metzler-Nolte. Die Forscher erzeugten dabei sowohl links- als auch rechtsgewundene Helices.

Moleküle übertragen ihre Form aufeinander

In weiteren Versuchen verknüpften sie zwei Helices an den beiden Enden miteinander. Obwohl es darüber hinaus keine Kontaktstellen gab, glichen die so verbundenen Moleküle ihre Struktur aneinander an. Entweder formten beide eine linksgewundene Helix oder beide eine rechtsgewundene Helix.

Diese Prinzipien – Faltung und Ringschluss – nutzt auch die Natur; so entstehen Biomoleküle mit besonderen Eigenschaften. In künftigen Studien möchten die Forscher die Techniken anwenden, um Moleküle für die Katalyse oder Energieumwandlung zu designen.

Originalveröffentlichung

C. Tsiamantas, X. de Hatten, C. Douat, B. Kauffmann, V. Maurizot, H. Ihara, M. Takafuji, N. Metzler-Nolte, I. Huc; "Selective dynamic assembly of disulfide macrocyclic helical foldamers with remote handedness"; Angewandte Chemie International Edition; 2016

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