Strom aus dem Tank: Flüssigkeitsbatterien für die Energiewende

Lassen sich große Strommengen einfach und preiswert speichern?

21.02.2017 - Deutschland

(dpa) Riesige grüne Tanks, Rohrleitungen, Pumpen - was ein bisschen aussieht wie der Gärkeller einer Brauerei ist der Speicherraum der aktuell wohl größten Batterie in Deutschland. Eine Etage höher arbeiten Handwerker gerade am Aufbau der Technik, die Strom in die mit einer Vanadium-Elektrolytlösung gefüllten Tanks reinbringt und wieder rausholt. Zwanzig Megawattstunden Strom soll die sogenannte Redox-Flow-Batterie, die Ende März in den Testbetrieb geht, speichern. Das würde reichen, um ein ganzes Dorf zehn Stunden lang zu versorgen. «Wir versuchen, die Energiespeicher günstiger zu machen», sagt Peter Fischer, der das Projekt beim Fraunhofer-Institut für Chemische Technologie in Pfinztal bei Karlsruhe leitet.

Zu dem 19 Millionen Euro teuren Vorhaben gehört eine zwei Megawatt starke Windenergieanlage gleich neben dem neuen Gebäude, die Gleichstrom zum Füllen der Batterie liefern soll. Doch an diesem fast frühlingshaften Februartag läuft der Aufbau nicht wie geplant. Beim Transport von Brandenburg ist eines der stählernen Turmsegmente mit einer Brücke kollidiert und muss erst repariert werden. Fischer und seine Kollegen sind darüber nicht glücklich, aber den Zeitplan für den Probebetrieb soll die Verzögerung nicht umstoßen.

Was sind die Stärken der Redox-Flow-Technik? Die Einheit, in der Strom über Membranen in die Batterie hinein und heraus fließt, ist vom Speichermedium getrennt. Dadurch können die Tanks mit der Vanadiumlösung fast beliebig groß gebaut werden. In Pfinztal fasst schon jetzt jeder Tank immerhin 45.000 Liter. Fischer setzt darauf, dass die Technik langfristig deutlich billiger wird. Die Kosten seien innerhalb von drei Jahren bereits um die Hälfte gesunken.

Strom aus erneuerbaren Quellen wie Wind und Sonne steht nicht immer in konstanter Menge zur Verfügung. Um das Netz stabil zu halten, müsse Strom schnell ins Netz eingespeist werden können, sagt der 41 Jahre alte promovierte Experte für physikalische Chemie. Dabei könnten sich die Redox-Flow-Technik und Lithium-Ionen-Batterien mit ihren Eigenschaften gut ergänzen.

Die Pfinztaler Forschung fügt sich in eine ganze Reihe von Möglichkeiten zur Stromspeicherung, die bereits bewährt sind oder erprobt werden. Wasserkraftwerke mit Pumpspeicherseen gehören zum Beispiel dazu. Eine kleinere Redox-Flow-Batterie arbeitet bereits auf der Nordseeinsel Pellworm als Ergänzung zu einem Wind- und Solarpark.

In Heilbronn kooperiert der Energiekonzern EnBW mit dem Unternehmen Bosch beim Betrieb einer Lithium-Ionen-Batterie mit fünf Megawattstunden Leistung zum Ausgleich von Netzschwankungen. «Das wird künftig noch wichtiger. Denn wenn immer mehr Wind- und Solarstrom an vielen unterschiedlichen Orten eingespeist wird, braucht man Speicher, um flexibel auf Schwankungen reagieren zu können», teilte EnBW-Sprecher Sebastian Marx mit.

Nach Überzeugung von Andreas Wellbrock, Geschäftsführer der Windenergie-Agentur in Bremerhaven, ist es unerlässlich, die Energiewende technologieoffen voranzutreiben und die Wirksamkeit neuer Technologien zu testen und auf Systemdienlichkeit hin zu bewerten. «Welche Technologien im Einzelnen nachher ... mitspielen werden, lässt sich heute nicht abschließend vorhersagen.»

Auch in der Bundesnetzagentur werden die technischen Entwicklungen aufmerksam verfolgt. Die Hoffnung, dass der Netzausbau, der vielerorts auf Widerstand stößt, durch Speicher vermieden werden kann, dämpft Sprecher Fiete Wulff jedoch. «Das kommt allenfalls für seltene Konstellationen in Betracht, in denen Erzeuger, Speicher und Verbrauch an einem Ort konzentriert sind.»

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