Aventis-Beschäftigte "stinksauer" über Management und Politik
Obwohl Sanofi mehrfach beteuert hat, keine Stellen in Deutschland abzubauen, trauen viele diesen Ankündigungen nicht. "Natürlich haben wir Angst um unseren Arbeitsplatz", sagt Klaus Badeck, der seit 27 Jahren in Frankfurt-Höchst in der Forschung arbeitet. Auch die rund 600 Auszubildenden fürchten um ihre Zukunft. "Schon vor der Fusionierung sind nicht alle Azubis übernommen worden. Wir haben Angst, dass das jetzt noch schlimmer wird", sagt Jugendausbildungsvertreter Halil Cam.
"Hände weg von Aventis!"
Mit dem Slogan "Hände weg von Aventis!" hatten die Beschäftigten seit der Ankündigung der "feindlichen Übernahme" vor drei Monaten mit fantasievollen Aktionen gegen ein Zusammengehen mit Sanofi gekämpft. Die Unternehmensführung - allen voran Aventis-Chef Igor Landau - wähnten sie dabei auf ihrer Seite. Nach der plötzlichen Kehrtwende im Übernahmekampf fühlen sich nun viele vom Management hintergangen. "Die Leute sind stinksauer, der Frust ist groß", berichtet Gesamtbetriebsrat Friedhelm Conradi.
Auch vom Verhalten der Bundesregierung sind viele enttäuscht. "Eigentlich soll sich die Politik ja nicht in die Wirtschaft einmischen, aber wenn europäische vor deutsche Interessen gestellt werden, muss man kontern", findet Badeck. Auch Kollege Tumma hätte sich mehr Unterstützung aus Berlin gewünscht. "Die Franzosen haben einer französischen Firma geholfen, und wir sind im Stich gelassen worden."
Wie aus dem Kampf gegen eine feindliche Übernahme über Nacht eine Fusion werden kann, ist für viele Beschäftigte kaum nachvollziehbar. "Die Nachricht kam schon überraschend, die Verhandlungen mit Novartis waren wahrscheinlich nur Mittel zum Zweck, um den Preis in die Höhe zu treiben", mutmaßt Patrick Rücker, Teamleiter in der Produktion. Ein Zusammengehen mit Novartis wäre in den Augen vieler Mitarbeiter das kleinere Übel gewesen. Die Betriebsräte wollen nun mit Sanofi einen Beschäftigungssicherungsvertrag für die deutschen Standorte aushandeln. Von den 9000 Aventis-Arbeitsplätzen in Deutschland seien vor allem die Stellen in Marketing, Vertrieb und Verwaltung gefährdet. Nach Einschätzung von Betriebsräten könnten 2.000 bis 3.000 Arbeitsplätze in Deutschland auf der Kippe stehen. Deshalb sollen die Proteste weiter gehen.
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