Erleichterung bei Aventis - Keine Kündigungen bis Ende 2007
Nach der Entscheidung des Aventis-Aufsichtsrates vom vergangenen Sonntag, das ehemals «feindliche» Übernahmeangebot nach Nachbesserung doch zu akzeptieren, war die Verunsicherung bei den 9000 Beschäftigten von Aventis in Frankfurt und Bad Soden groß. Am Dienstag machten sie ihrem Ärger über die plötzliche Kehrtwende ihres Managements und die Untätigkeit der Bundesregierung bei einer Protestkundgebung Luft. Die Betriebsräte äußerten Befürchtungen, dass etwa jeder dritte Job in Deutschland auf der Kippe stünde.
Für die kommenden dreieinhalb Jahre gibt es nun Entwarnung für alle Mitarbeiter von der Forschung über die Produktion bis zum Marketing. «Die Einzelnen werden davor bewahrt, zum Arbeitsamt gehen zu müssen», sagte der Gesamtbetriebsratsvorsitzende Friedhelm Conradi. Notwendige Personalveränderungen nach der Übernahme würden mit Instrumenten wie Altersteilzeit oder Arbeitszeitregelungen geschehen. Die Ausbildung werde auf Grundlage des Tarifvertrages für die Chemie fortgeführt. Zudem gebe es eine Absichtserklärung zur Übernahme der rund 600 Lehrlinge.
«Nichts ist sicher», meint eine 20-Jähriger, der kurz vor dem Abschluss seiner Ausbildung zum Chemikanten steht. Auch ältere Beschäftigte gehen nicht sorglos ins Wochenende. «So ein Vertrag sichert uns nicht die Arbeitsplätze, aufgeschoben ist nicht aufgehoben», sagt ein 43 Jahre alter Angestellter aus der Forschung. Wenn die Beschäftigungssicherung auslaufe, sei er in einem Alter, in dem es schwer werde, einen neuen Job zu finden. Diese Befürchtung hat auch eine allein erziehende Mutter, die im Marketing in Bad Soden arbeitet: «Ab 50 ist es nicht mehr so leicht, sich woanders etwas zu suchen, und für den Vorruhestand ist dann kein Geld mehr da.»
Einige Kollegen sehen die Zukunft nicht so skeptisch. «Man kauft doch nichts, um es kaputt zu machen», meint ein 43 Jahre alter Schlossermeister. «Sanofi will doch mit uns Geld verdienen.» Ein 38- Jähriger aus der Produktion ist sicher, dass keine Leute entlassen werden. «Aber wir werden schon zu anderen Bedingungen arbeiten, mit längeren Arbeitszeiten oder weniger Zulagen.»
Der stellvertretende Vorsitzende der IG Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE) und Aventis-Aufsichtsratsmitglied Werner Bischoff hob hervor, dass selten zuvor bei einer Übernahme in dieser Größenordnung so schnell ein Beschäftigungspakt mit so weitgehenden Zusicherungen geschlossen wurde. «Das ist eine gute Grundlage dafür, dass unsere Erwartungen für die Zukunft eingelöst werden», sagte Bishoff. Sollte dies nicht geschehen, werde die Auseinandersetzung vor dem Tor weitergeführt. In den vergangenen Wochen habe die Belegschaft gezeigt, dass sie kämpfen könne.
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