Einkristalle als Reaktionsgefäß
Im Kristall, aber dennoch wie in Lösung: Chemische Reaktionen in den Poren von Einkristallen
Nur Einkristalle lassen sich röntgenographisch untersuchen. Dabei wird die Streuung von Röntgenstrahlen zur Strukturaufklärung genutzt. Bei Festkörperreaktionen ist die Methode auf Reaktionen beschränkt, bei denen die strukturellen Änderungen nur sehr gering ausfallen. Sperrige Reagenzien kommen in einen gewöhnlichen, dicht gepackten Kristall gar nicht hinein, oft zerfallen die Kristalle auch während einer Reaktion.
Das Team um Makoto Fujita entwickelte eine Komplexverbindung aus Zinkionen und aromatischen Ringsystemen, die zu einem robusten Netzwerk mit großen Poren kristallisiert. Die Verbindung ist so konstruiert, dass reaktive Atomgruppierungen in den Hohlraum der Poren hineinragen. Eintunken in eine Lösung, die gängige Reagenzien enthält, bringt diese in Kontakt mit diesen eingebetteten Reaktionspartnern. Dabei gelangen auch sperrige Moleküle in die großen Poren. So ließen die Forscher die Aminogruppen mit Essigsäureanhydrid oder Anilin reagieren. Die Reaktivität der eingesetzten Reagenzien und der Reaktionsverlauf sind dabei nicht anders als wenn sich die beiden Reaktionspartner in freier Lösung begegnen würden. Der Kristall verfärbte sich nach und nach, blieb aber trotz der Reaktion als intakter Kristall erhalten.
Da das Endprodukt auch nach der Reaktion immer noch als Einkristall vorliegt, kann der Reaktionsverlauf mit röntgenkristallographischen Methoden verfolgt werden. Labile Reaktionsprodukte und Zwischenprodukte lassen sich auf diese Weise in situ herstellen und bestimmen. Die chemischen Reaktionen in den Poren lassen sich aber auch nutzen, um die Porenwände gezielt zu modifizieren. Beispielsweise können sie mit freien Säuregruppen bestückt werden.
Originalveröffentlichung: Takehide Kawamichi et al.; “Single-Crystalline Molecular Flasks: Chemical Transformation with Bulky Reagents in the Pores of Porous Coordination Networks”; Angewandte Chemie 2008
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