Europäische Union weist Verwendung von Nanopartikel in ihre Schranken

WECF sieht den Beginn eines kritischen Umgangs mit neuen Technologien

09.04.2009 - Belgien

Mit drei Entscheidungen in den letzten beiden Wochen haben verschiedene Gremien der Europäischen Union die Verwendung von Nanopartikeln, deren Risiken noch nicht wirklich erforscht sind, eingeschränkt. Mit der neuen Kosmetikrichtlinie gelten in Zukunft spezifische Vorschriften für Zulassung, Sicherheitsprüfung und Kennzeichnung von Nanomaterialien in Alltagsprodukten wie Sonnencremes und Lippenstiften. Auch im Bereich der Lebensmittel müssen mit der Verabschiedung der Novel-Food-Verordnung in erster Lesung nach Ansicht der Europäischen Parlaments künftig Lebensmittel, die Nanopartikel enthalten, entsprechend gekennzeichnet werden. Bevor sie zugelassen werden, muss anhand standardisierter Testverfahren umfassend untersucht werden, ob die Substanzen für Umwelt und Gesundheit unbedenklich sind. Dies kommt einem Moratorium gleich, da diese Testverfahren noch nicht existieren. Drittens hat der Umweltausschuss des Europäischen Parlaments (ENVI) einen Bericht zur Regulierung von Nanomaterialien vorgelegt, der eindringlich gesetzliche Regelungen einfordert. Nach Aussagen von ENVI sind die gegenwärtigen Regeln so sinnvoll wie mit einem Fischernetz Plankton fangen zu wollen.

WECF (Women in Europe for a Common Future) sieht in diesen Entscheidungen einen Meilenstein im veränderten Umgang mit Nanotechnologie und hofft auf eine Umsetzung des Vorsorgeprinzips und erste Schritte hin zu einer gesetzlichen Regulierung, Kennzeichnung der Produkte und verstärkter Risikoforschung.

„Alle drei EU Entscheidungen bedeuten in erster Linie mehr Sicherheit für die Verbraucher“, kommentiert Sonja Haider, Chemikalienexpertin von WECF, die Entwicklung in Brüssel. „ Wir von WECF setzen uns dafür ein, erst die Risiken zu bewerten, ehe neue Technologien den Markt stürmen. Die Entscheidungen von Brüssel zeigen, dass die Politik das Thema erfasst hat und anfängt, die Gefahren nicht getesteter Technologien für die Gesundheit ernst zu nehmen. Neue Errungenschaften - sei es Asbest, Atom- oder die Gentechnik - werden als Revolutionen angepriesen die Welt und das Leben zu verbessern. In der Rückschau bleiben die Ergebnisse meist hinter den Versprechungen zurück. Keines der genannten Beispiele hat wirklich die Lebensqualität der Menschen nachhaltig verbessert, die Gesundheit dafür aber massiv gefährdet."

Nanomaterialien in einer Größe um 100 Nanometer oder weniger werden besonders in verbrauchersensiblen Produkten wie Kosmetika verwendet. In dieser geringen Größe haben die Stoffe teilweise völlig neue Eigenschaften, die gezielt eingesetzt werden, wie bei Nano-Titandioxid als UV-Filter in Sonnencremes. Es sind bereits eine Vielzahl von Produkten und Lebensmittel mit Nanomaterialien auf dem EU-Markt, ohne dass ihre Sicherheit ausreichend geklärt ist und noch immer gibt es große Erkenntnislücken darüber, wie gefährlich die Nanopartikel für die menschliche Gesundheit sind. „WECF sorgt sich bei der Verwendung von Nanopartikel besonders um die gesundheitlichen Risiken für Kinder. Diese sind in ihren unterschiedlichen Entwicklungsphasen - auch schon während der Schwangerschaft - besonders sensibel für gesundheitsschädigende Substanzen“, ergänzt Sonja Haider. „Spätestens wenn man weiß, dass Nanopartikel mit unbekannter Wirkung natürliche körpereigene Schranken wie die Plazenta, die Blut-Hirn-Schranke durchwandern oder gar in den Zellkern vordringen können, sollten die Alarmglocken schrillen.“

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