Wie Brüssel die Plastiklawine stoppen will
EU-Kommission will Recycling profitabler machen
(dpa) Bessere Kunststoffe, mehr Recycling, weniger Abfall: Mit einer umfassenden Strategie gegen Plastikmüll will die EU-Kommission Menschen und Umwelt besser schützen und gleichzeitig der Verwerterbranche in Europa zum Aufschwung verhelfen. Bis 2030 sollen sämtliche Plastikverpackungen wiederverwertbar werden. «Wir müssen verhindern, dass Plastik in unser Wasser, unser Essen und sogar unsere Körper kommt», erklärte Kommissionsvizepräsident Frans Timmermans am Dienstag in Straßburg.
recyclind, pixabay.com, CC0
Europaweit fallen nach Angaben der EU-Kommission jährlich rund 26 Millionen Tonnen Plastikmüll an. Nur knapp 30 Prozent davon werden zur Wiederverwertung gesammelt, die übrigen 70 Prozent landen auf Müllkippen, in Verbrennungsanlagen oder in der Umwelt, vor allem in den Meeren. Das Thema hat seit Jahresbeginn besondere Brisanz, weil China Abfallimporte gestoppt hat. Allein Deutschland führte bisher dorthin rund 560.000 Tonnen Plastikabfälle pro Jahr aus, die nun anderweitig recycelt oder verbrannt werden müssen.
Ein Ziel der Plastikstrategie sei es, Recycling auch in Europa profitabel zu machen, sagte Timmermans Kollege Jyrki Katainen. Er nannte zwei Gründe, die bisher dagegen sprechen: Es gebe keine einheitlichen Standards für recyceltes Plastik und deshalb Zweifel an der Qualität. Und das Ausgangsmaterial sei zu unterschiedlich, weil zum Beispiel in Verpackungen Farbstoffe oder Chemikalien zugefügt werden.
Die Kommission plant neue Vorgaben an die Industrie, um Plastik leichter wiederverwertbar zu machen. Bis 2020 verspricht sie 100 Millionen Euro an Fördermitteln zur Erforschung verbesserter Materialien. Darüber hinaus will sie europaweit eine sortenreinere Sammlung voranbringen. Damit könnte das Recycling um bis zu 100 Euro pro Tonne billiger werden, erklärte die Behörde. Bis 2030 könnten 200.000 neue Jobs in Sortierung und Verwertung entstehen.
Noch 2018 will die Kommission neue Regeln zur Vermeidung von Einmalgegenständen aus Plastik vorschlagen, also zum Beispiel Plastikstrohhalme, Einwegbesteck oder Deckel für Kaffeebecher. Aufklärungskampagnen sollen Verbraucher zum Umdenken bringen. Die Beimengung von Mikroplastikpartikel in Kosmetika und Waschmitteln soll unterbunden werden.
Als konkrete Gesetzgebungsmaßnahme legte die Kommission eine Richtlinie zur Einrichtung von Abfallannahmestellen in Häfen vor, weil bis zu 40 Prozent der Abfälle in Ozeanen von Schiffen stammten. Insgesamt sollen nach Angaben des Umweltbundesamts bis zu 142 Millionen Tonnen Plastikabfälle in den Weltmeeren schwimmen. «Wenn wir nicht ändern, wie wir Plastik produzieren und nutzen, wird es 2050 mehr Plastik als Fisch in unseren Ozeanen geben», warnte Timmermans.
Vergangene Woche hatte EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger auch eine Plastiksteuer ins Gespräch gebracht, die nun geprüft werden soll. In der Kommissionsstrategie taucht sie aber noch nicht auf.
Der Verband kommunaler Unternehmen begrüßte die Initiative der Kommission. «Jetzt kommt es auf die Umsetzung an», erklärte Vizepräsident Patrick Hasenkamp. «Je sortenreiner die verwendeten Kunststoffe sind, umso besser ist die Qualität der recycelten Stoffe.» Der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Rohstoffwirtschaft, Peter Kurth, äußerte sich im SWR ähnlich.
Positives Echo kam auch von den europäischen Grünen sowie von Umweltverbänden wie NABU oder BUND. Der WWF erklärte aber: «Die EU muss schneller und deutlicher konkreter handeln, um unseren Anteil an der weltweiten Plastikflut zu stoppen.»
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