Neue Schutzschicht macht Akkus leistungsfähiger

Universelle Lösung mit indirektem Klimaschutz

08.01.2025
© Paul Scherrer Institute PSI/Mahir Dzambegovic  

In seinem Labor entwickelte El Kazzi ein Verfahren, das klimaschädliches Trifluormethangas in eine Schutzschicht für Hochspannungsakkus umwandelt, um damit deren Leistung zu erhöhen.

Ein Forschungsteam des Paul Scherrer Instituts PSI hat ein neues nachhaltiges Verfahren entwickelt, mit dessen Hilfe sich die elektrochemische Leistung von Lithium-Ionen-Akkus steigern lässt. Erste Tests entsprechend modifizierter Hochspannungsakkus verliefen erfolgreich. Damit könnten Lithium-Ionen-Akkus, zum Beispiel solche für Elektrofahrzeuge, deutlich effizienter werden.

Lithium-Ionen-Akkus gelten als Schlüsseltechnologie für die Dekarbonisierung. Deswegen arbeiten Forschende weltweit daran, deren Leistungsfähigkeit fortlaufend zu verbessern; unter anderem durch eine Steigerung der Energiedichte. «Eine Möglichkeit, dies zu erreichen, liegt darin, die Betriebsspannung zu erhöhen», sagt Mario El Kazzi vom Zentrum für Energie- und Umweltwissenschaften am Paul Scherrer Institut PSI. «Steigt die Spannung, so steigt auch die Energiedichte.» 

Jedoch gibt es da ein Problem: Bei Betriebsspannungen von über 4,3 Volt finden am Übergang von Kathode, dem Pluspol, und dem Elektrolyten, dem Leitmedium, starke chemische und elektrochemische Abbauprozesse statt. Die Oberfläche der Kathodenmaterialien wird durch die Freisetzung von Sauerstoff die Auflösung von Übergangsmetallen und die strukturelle Rekonstruktion stark geschädigt – was wiederum einen fortlaufenden Anstieg des Zellwiderstands und einen Kapazitätsabfall zur Folge hat. Deswegen laufen kommerzielle Batteriezellen, zum Beispiel die von Elektroautos, bisher auch nur mit maximal 4,3 Volt. 

Um dieses Problem zu lösen, haben El Kazzi und sein Team eine neue Methode entwickelt, mit der sich die Oberfläche der Kathode stabilisieren lässt, indem diese mit einer dünnen gleichmässigen Schutzschicht überzogen wird. Über ihre Entdeckung berichten die Forschenden in einer Studie im Fachblatt ChemSusChem (Wiley).

Betriebsspannungen von bis zu 4,8 Volt 

Im Mittelpunkt des Verfahrens steht ein Gas, das bei der Herstellung von Kunststoffen wie PTFE, PVDF und Schaumstoff als Nebenprodukt entsteht: Trifluormethan mit der chemischen Summenformel CHF3. Im Labor leiteten El Kazzi und sein Team bei 300 Grad Celsius eine Reaktion zwischen dem CHF3 und der dünnen Schicht aus Lithiumkarbonat ein, welche die Oberfläche der Kathoden bedeckt. Dabei wandelt sich das Lithium an der Grenzschicht in Lithiumfluorid (LiF) um. Wichtig dabei: Die Lithium-Atome des Kathodenmaterials bleiben dabei als Ionen erhalten, also als positiv geladene Teilchen. Diese Lithium-Ionen müssen nämlich beim Laden und Entladen zwischen der Kathode und der Anode, dem Minuspol, weiter hin- und herwandern können, damit die Akkukapazität im späteren Betrieb nicht beeinträchtigt ist. 

In einem weiteren Schritt prüften die Forschenden die Wirksamkeit der Schutzschicht, indem sie elektrochemische Tests bei hohen Betriebsspannungen durchführten. Das erfreuliche Ergebnis: Die Schutzschicht blieb auch bei hohen Spannungen stabil. Sie schützt das Kathodenmaterial so gut, dass Betriebsspannungen von 4,5 und sogar 4,8 Volt möglich sind.

Im Vergleich zu Batterien mit ungeschützten Kathoden schnitten die beschichteten bei allen wichtigen Parametern deutlich besser ab. So war die Impedanz, also der Widerstand für die Lithium-Ionen an der Grenzfläche der Kathode, nach einhundert Auf- und Entladedurchgängen um rund 30 Prozent niedriger als bei den Batterien mit unbehandelter Kathode. «Ein eindeutiges Zeichen dafür, dass unsere Schutzschicht den Anstieg des Widerstandes abschwächt, der durch die sonst stattfindenden Grenzflächenreaktionen auftritt», erklärt El Kazzi. 

Verglichen wurde auch der Kapazitätserhalt. Dieser steht für die Menge an Lithium-Ionen, die nach einer bestimmten Anzahl Auf- und Entladedurchgängen immer noch von der Kathode zur Anode wandern können. Je näher dieser Wert an 100 Prozent liegt, desto geringer ist der Kapazitätsabfall. Auch hier erwies sich der Akku mit beschichteter Kathode in den Tests als überlegen: Der Kapazitätserhalt lag bei über 94 Prozent nach 100 Lade- und Entladedurchgängen ohne Abnahme der Ladegeschwindigkeit, während der unbehandelte Akku auf nur 80 Prozent kam. 

Universelle Lösung mit indirektem Klimaschutz

Das am PSI entwickelte Beschichtungsverfahren öffnet neue Wege, die Energiedichte von verschiedenen Batterietypen zu steigern: «Wir können davon ausgehen, dass unsere Lithiumflorid-Schutzschicht universell und bei den meisten Kathodenmaterialien anwendbar ist», betont El Kazzi. «Sie funktioniert zum Beispiel auch bei Nickel- und Lithium-reichen Hochspannungsbatterien.» 

Ein weiterer wichtiger Aspekt des neuen Verfahrens: Trifluormethan ist ein hochwirksames Treibhausgas und mehr als 10 000-mal klimaschädlicher als Kohlendioxid, weswegen es keinesfalls in die Atmosphäre gelangen sollte. Für El Kazzi stellt die Umwandlung in eine einheitliche dünne LiF-Schutzschicht auf der Oberfläche von Kathodenmaterialien eine effiziente Lösung dar, das Gas zu monetarisieren, indem es Teil einer Kreislaufwirtschaft wird. Mit dem neuen Beschichtungsverfahren lässt sich CHFrecyceln und als Schutzschicht in Hochspannungskathoden langfristig binden. 

Originalveröffentlichung

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