Mikroskopie: Auflösung von 30 Nanometern erreicht

Mit Quantenschaltern konnten Forscher die bisherige Auflösungsgrenze austricksen

24.01.2018 - Deutschland

Objekte, die kleiner sind als die halbe Wellenlänge des genutzten Lichts, lassen sich mit der herkömmlichen Lichtmikrospie nicht betrachten. Ein Forscherteam der Ruhr-Universität Bochum (RUB) und der Universität Basel hat es nun geschafft, die Auflösung für die mikroskopische Untersuchung von Festkörpern auf ein Einundreißigstel der Wellenlänge des genutzten Lichts zu vergrößern. Dazu nutzten die Forscher Quantenpunkte, die sie in Festkörper einbetteten. Mithilfe bestimmter Laserpulse lassen sich die darin enthaltenen Elektronen schalten. Über die Ergebnisse berichtete das Journal „Nature Photonics“ am 22. Januar 2018.

© Lehrstuhl für Angewandte Festkörperphysik

Während mit herkömmlichen Methoden das Bild sehr kleiner Objekte verschwimmt (links), erlaubt die neue Methode eine weit größere Auflösung (rechts).

Die Grenzen der Lichtmikroskopie

Die Lichtmikroskopie kann sehr kleine Strukturen sichtbar machen, aber nur bis zu einer bestimmten Grenze: Sobald die Abmessungen von betrachteten Objekten in etwa so groß sind wie die halbe Wellenlänge des Lichtes, kommt es zu störenden Beugungsphänomenen. Objekte, die weniger als einige Hundert Nanometer voneinander entfernt sind, können nicht mehr separat abgebildet werden. Das Bild wird unscharf, die Objekte verschwimmen zu einem Fleck.

Die Nahfeldmikroskopie umgeht dieses Problem, indem sie das Streulicht eines sehr kleinen Objektes an einer Oberfläche für die Bildgebung nutzt. Wenn das zu beobachtende Objekt jedoch nicht an der Oberfläche liegt, sondern zum Beispiel in einen Festkörper eingebettet ist, konnten Forscher bisher nur mit den beschriebenen Einschränkungen mikroskopieren.

Nobelpreis für das Unterlaufen der Auflösungsgrenze

Der Göttinger Forscher Stefan Hell konnte diese sogenannte Abbesche Auflösungsgrenze als Erster unterlaufen und wurde dafür 2014 mit dem Nobelpreis für Chemie ausgezeichnet. Er nutzte mehrere Laserpulse verschiedener Form und fluoreszierende Farbstoffmoleküle, die gezielt an- und ausgeschaltet werden können. Das machte es möglich, Objektdetails von biologischen Proben zehnfach besser aufzulösen.

Dem Erstautor der Studie Dr. Timo Kaldewey aus dem Team von Prof. Dr. Richard Warburton an der Universität Basel ist es nun zusammen mit Dr. Arne Ludwig und Sascha Valentin vom Lehrstuhl für Angewandte Festkörperphysik der RUB von Prof. Dr. Andreas Wieck nun gelungen, dieses Prinzip auf ein Festkörpersystem mit künstlichen Atomen, sogenannten Quantenpunkten, zu übertragen. Quantenpunkte sind nur rund zehn Nanometer kleine Inseln in Halbleitern, in die sich einzelne Elektronen einsperren lassen. Diese Elektronen können wegen der kleinen Größe nur bestimmte Energieniveaus einnehmen – ähnlich wie in Atomen, in denen Elektronen bestimmte Schalen besetzen.

Zwitschernder Laser

Bei den Farbstoffmolekülen von Stefan Hell war es notwendig, dass die Moleküle in einen langlebigen metastabilen Zustand geschaltet werden. „Das haben wir absichtlich vermieden, indem wir einen kurzen, nur etwa eine Nanosekunde lang lebenden Zustand in den Quantenpunkten untersucht haben“, erklärt Arne Ludwig. Dazu war es notwendig, einen optischen Schalter zu entwickeln, der die künstlichen Atome auf Quantenebene kontrolliert. Die Forscher nutzten sogenannte gechirpte Laserpulse, also kurze Pulse, die in der Frequenz geändert werden, analog zum Zwitschern von Vögeln. Allerdings auf einer etwa Hundertmilliarden mal kürzen Zeitskala.

Damit konnten sie eine sogenannte adiabatische Passage initiieren, bei der die Elektronen in den Quantenpunkten das Energieniveau kontrolliert wechselten. Somit hatten sie einen Kontrollschalter auf Quantenebene. Die erreichte Auflösung entsprach einem Einundreißigstel der Wellenlänge des benutzten Lichtes.

Punkte in einen Kristall einbetten

Die Quantenpunkte entwickelten Sascha Valentin und Arne Ludwig in der Gruppe von Andreas Wieck in Bochum. Dazu mussten die Punkte in eine spezielle Kristallmatrix eingebettet werden, sodass sie dem Mikroskop einzelne Photonen mit hinreichend hoher Rate zur Verfügung stellten.

„Mit dem neuen Verfahren haben wir eine Methode entwickelt, Quantenschalter, auch ohne metastabile Zustände, für die Mikroskopie anzuwenden“, so Richard Warburton. „Dies hebt das Verfahren der von Stefan Hell entwickelten Mikroskopie auf ein neues Niveau. Nahezu jedes Quantensystem kann auf diese Weise nanoskopisch untersucht werden.“

Nebenbei ist der neu entwickelte Schalter eben das: ein Kontrollelement auf Quantenebene und damit ein wichtiger Meilenstein, um künstliche Atome als Quanteninformationseinheiten nutzen zu können.

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