Tandemsolarzellen: Im Doppelpack zu mehr Energie

01.11.2018 - Deutschland

Gerade hat der Weltklimarat neue Erkenntnisse zur Erderwärmung veröffentlicht und zum Handeln aufgefordert: Notwendig seien beispiellose Änderungen in allen gesellschaftlichen Bereichen, heißt es dort. Als Hoffnungsträger gelten vor allem erneuerbare Energien. 2017 machten sie in Deutschland 33 % des Stromverbrauchs aus, teilt das Statistische Bundesamt mit. Rund 6 % davon stammen aus der Photovoltaik. „Ein Trend, der ausbaufähig ist“, meint Prof. Thomas Kühne von der Universität Paderborn. Gemeinsam mit Kollegen aus Industrie und Forschung arbeitet er an dünnschichtigen Solarzellen, die mehr Energie als herkömmliche Varianten erzeugen können.

„Bei dem Projekt geht es um sogenannte Tandemzellen. Nach dem Passieren einer ersten Solarzelle und einer transparenten Zwischenschicht soll das Licht zur weiteren Stromerzeugung in einer zweiten Zelle genutzt werden“, erklärt Dr. Hossein Mirhosseini, der die Gruppe „Multiskalenmodellierung von Energie Materialien“ am Lehrstuhl von Prof. Dr. Kühne leitet. Der Hintergrund: In der ersten Zelle wird nur ein gewisser Teil des Lichts umgewandelt. Das übrige Spektrum bleibt ungenutzt, womit potentielle Energie verloren geht. Mehrere übereinander liegende Solarzellen erlauben es, verschiedene Farben des Lichtspektrums gleichzeitig für die Energieerzeugung zu nutzen. Kühne erklärt: „Die jeweiligen Farben haben verschiedene Wellenlängen. Für das menschliche Auge ist zum Beispiel nur der Bereich zwischen 400 (blau) und 780 (rot) Nanometern sichtbar. Konventionelle Zellen, die einzeln wenig elektrischen Strom produzieren, können je nach Material nur bestimmte Bereiche des Lichts verarbeiten“. Bei Tandem- oder auch Tripelzellen bestehen die Schichten aus unterschiedlichen Materialien, die durch lichtdurchlässige organische Leiter verbunden und so jeweils auf einen anderen Wellenlängenbereich des Lichts ausgelegt sind. „Unsere Hauptaufgabe ist hierbei die rechnergestützte Vorhersage von sogenannten transparenten Lochleitern. Damit einher geht eine Optimierung, die teilweise eine Steigerung des Wirkungsgrades um bis zu 50 Prozent bewirkt“, so der theoretische Chemiker weiter.

Für die Massenproduktion geeignet

Im Zuge der Energiewende soll der Anteil an erneuerbaren Energien in Deutschland bis zum Jahr 2050 auf mindestens 80 Prozent steigen. „Dafür müssen aber auch die Produktionsbedingungen passen“, räumt Mirhosseini ein. Bei dem Vorhaben, das den Namen „speedCIGS“ trägt, erforschen die Wissenschaftler deshalb zusätzlich, wie Herstellungsprozesse für sogenannte CIGS-Dünnschichtsolarzellen beschleunigt werden können. Ziel ist es, für die Industrie attraktiver zu sein. Die Vorteile sind vielfältig: „Neben organischen und lichtdurchlässigen Zwischenschichten arbeiten wir auch an der eigentlichen Dünnschichtsolarzelle bestehend aus Kupfer, Indium, Gallium und Selen. Von der englischen Übersetzung der Elemente stammt übrigens auch der Name CIGS ab. Daraus lässt sich eine Solarzelle herstellen, die sich durch einen hohen Wirkungsgrad auszeichnet und die für die Massenproduktion durch geringen Materialaufwand besonders interessant ist. Da die verwendeten Elemente allerdings relativ teuer und zum Teil giftig sind, arbeiten wir zudem daran, diese durch möglichst verfügbare und unbedenkliche Materialien zu ersetzen“, so Mirhosseini weiter.

Mithilfe von neuartigen Simulationsmethoden, die in der Arbeitsgruppe um Kühne entwickelt werden, sollen neue Materialien mit wohldefinierten Eigenschaften vorgeschlagen werden. Der Vorteil von Simulationen liegt u. a. darin, dass Materialeigenschaften am Computer genauestens vorhergesagt und dann im Labor produziert werden können. Konkret geht es dabei um eine Kombination von Methoden der Experimentalphysik, die Vakuumtechnik und Halbleiteranalytik miteinander vereint.

An dem Vorhaben, das vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) mit rund 4,7 Millionen Euro über eine Laufzeit von vier Jahren gefördert wird, sind der Anlagenbauer Manz AG (Reutlingen), das Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoffforschung ZSW (Stuttgart), das Helmholtz-Zentrum Berlin für Materialien und Energie, die Universitäten Jena und Paderborn sowie die Wilhelm Büchner Hochschule Darmstadt (Projektkoordination) beteiligt. An der Universität Paderborn sollen die Aktivitäten zusammen mit anderen Großprojekten zum Thema Nachhaltigkeit in das neugegründete „Center for Sustainable Systems Design (CSSD)“ integriert werden.

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