Effizientere Solarzellen ahmen Photosynthese nach
Lichtgespeiste Kraftpakete
Grünpflanzen, Algen und teils auch Bakterien nutzen das Sonnenlicht, indem sie Energie umwandeln: Farbstoffe im Chlorophyll nehmen elektromagnetische Strahlung auf, die Elektronen zu chemischen Reaktionen anregt. Dies vollzieht sich im Kern von komplexen Proteinstrukturen, die den Fachleuten als Photosysteme II und I bekannt sind. Die darin ablaufenden, von Katalysatoren vermittelten Prozesse sind nacheinander geschaltet. In einem ersten Schritt wird Sauerstoff aus Wasser freigesetzt; die folgende Reaktion bereitet den Aufbau von Kohlehydraten vor, wofür dann keine Energiezufuhr mehr nötig ist.
Die Reaktionszentren der Photosysteme sind umringt von lichtabsorbierenden Farbstoffen, die zu Sammelkomplexen gruppiert sind. Solche „Lichtempfangsstationen“ oder Antennen vergrößern die Fläche, auf die Strahlung auftreffen kann, und erweitern das Spektrum von nutzbaren Wellenlängen, beides Voraussetzungen für eine günstige Energiebilanz. Etwa 30 Antennen umgeben jeweils einen Reaktorkern. Kein Versuch von Wissenschaftlern, die Natur nachzuahmen, kann bisher annähernd damit konkurrieren. Meist wird nur ein Verhältnis von 1:1 erreicht: ein Molekül, das Licht absorbiert, in Kombination mit einem Katalysator zur Oxidation von Wasser.
Mit der Synthese von Modulen, die am Zusammenspiel von Struktur und Funktion in Photosystem II orientiert sind, strebt die Wissenschaftlergruppe um Prof. Dr. Dirk Guldi und seinem ehemaligen Mitarbeiter Dr. Konstantin Dirian einen grundsätzlichen Wechsel in der Solartechnologie an. In den neu entwickelten Systemen lagern sich lichtabsorbierende Kristalle, wie sie in Leuchtdioden, Transistoren und Solarzellen bereits verwendet werden, zu einem Netz aus sechseckigen Waben um einen wasseroxidierenden Katalysator mit vier Ruthenium-Metallatomen im Zentrum. Die kompakten, stabilen Einheiten aus zwei Komponenten mit einer gemeinsamen Längsachse ähneln in einer vereinfachten Darstellung zylindrischen Batterien. In dem selbstorganisierenden chemischen Prozess entstehen aus solchen „Kleinstkraftwerken“ zweidimensionale Lamellen. Wie übereinander liegende Schichten einer Torte formen sie einen gemeinsamen Block, in dem sich die aus der Sonnenstrahlung gewonnene Energie sammelt.
Die ideale räumlich-funktionelle Anordnung im natürlichen Photosystem ist damit nicht vollständig abgebildet, doch das Prinzip wird übernommen. Fünf wabenförmig aufgebaute Makromoleküle mit der Fähigkeit, Licht einzufangen, bilden um jeden Reaktorkern eine Hülle, und es hat sich gezeigt, dass diese kleinen Kraftpakete bei der Solarenergie-Ernte fleißig und erfolgreich sind. Der Wirkungsgrad liegt über 40 Prozent, die Verluste sind niedrig. Auch Wellenlängen aus dem grünen Teil des Farbspektrums, den Pflanzen reflektieren, lassen sich nutzen. Die Hoffnung, dass die Solartechnik eines Tages ebenso gut wie die Natur die Sonne anzapfen kann, erhält durch diese Forschungsergebnisse neue Nahrung.
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