WeylChem stellt Chemieproduktion in Griesheim ein

Hohe Infrastrukturkosten des Industrieparks erdrücken WeylChem

18.04.2019 - Deutschland

WeylChem wird die Chemieproduktion in Frankfurt Griesheim so bald wie möglich einstellen. Gegenwärtig werden Wege für einen Ausstieg erarbeitet. Für die 134 Beschäftigten sollen Gespräche über eine Übernahme von möglichst vielen Mitarbeitern an andere Standorte im Rhein-Main-Gebiet beginnen. Damit endet nach 163 Jahren die Chemieproduktion an diesem traditionsreichen Standort.

Seit Jahren trägt das Frankfurter Chemieunternehmen nahezu allein die Infrastrukturkosten eines gesamten Standortes, wohingegen diese zum Beispiel am Standort Höchst von einer Vielzahl von Unternehmen getragen werden. Damit liegen die Kosten für WeylChem Griesheim deutlich über denen anderer Unternehmen und erwiesen sich damit als wesentlicher Nachteil im Wettbewerb. Auch Investitionen in Höhe von über 20 Millionen Euro in den letzten fünf Jahren konnten die wirtschaftliche Situation nicht verbessern. In den letzten Monaten konnte die WeylChem Griesheim GmbH zwar neue Aufträge gewinnen, doch der angekündigte Ausfall eines Großauftrags erzwingt jetzt die Schließung des Betriebs in Griesheim.

Infrastrukturkosten in Griesheim über dem Dreifachen anderer Industrieparks

Der Industrieparkbetreiber Infrasite legt die Infrasstrukturkosten wie beispielsweise für die Stromnetze und die Kläranlage, die von WeylChem nur zu einem geringen Teil genutzt werden, größtenteils auf WeylChem um. „Die Infrastrukturkosten, die bezogen auf den Umsatz über dem Dreifachen anderer Industrieparks liegen, mussten wir nahezu allein tragen. Diesen mittleren siebenstelligen Betrag können wir nicht erwirtschaften. Seit Jahren reicht die Wertschöpfung am Standort Griesheim nicht aus, die überproportional hohen Infrastrukturkosten abzudecken. Die Folge sind nachhaltige Verluste,“ so Rafael Reiser, Geschäftsführer der WeylChem Griesheim GmbH.

WeylChem hat versucht, durch Investitionen von über 20 Millionen Euro die Abläufe zu optimieren und die Kosten zu senken. So wurde 2016 für über sechs Millionen Euro eine hocheffiziente Energieanlage zur Dampferzeugung in Betrieb genommen, die sowohl mit White Powder aus Biomasse wie mit Erdgas oder Braunkohlestaub betrieben werden kann. Aber auch diese Investitionen konnten die Kosten nicht hinreichend senken.

Vermittlung auf offene Stellen der Gruppe im Rhein-Main-Gebiet

Am Markt ist die WeylChem Griesheim erfolgreich. Zudem gelang es durch zusätzliche Anstrengungen in den letzten Monaten gemeinsam mit der Unternehmensgruppe neue Kunden und Projekte für den Standort zu gewinnen und darüber hinaus bestehendes Geschäft auszubauen. Zur Unterstützung wurde seitens der WeylChem InnoTec ein Labor von Fechenheim nach Griesheim verlegt und schwach ausgelastete Produktionslinien konnten voll ausgelastet werden. Trotz dieser positiven Effekte konnte aber aufgrund der hohen Infrastrukturkosten kein zufriedenstellendes Ergebnis erzielt werden. Zudem hat überraschend ein jahrelanger Großkunde kurzfristig deutlich reduzierte Abnahmemengen angekündigt.

„Strukturelle Belastungen durch den Industriepark und der Wegfall eines Großauftrags zwingen uns, jetzt die Reißleine zu ziehen und ein Ausstiegsszenario zu erarbeiten. Als letztes verbliebenes Chemieunternehmen in Griesheim müssen wir diesen traditionsreichen Standort leider so bald wie möglich aufgeben. Ich bedauere dies insbesondere für die Griesheimer und für unsere qualifizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die uns durch Lohnverzichte in der schwierigen Situation unterstützt haben. Ihnen möchte ich ausdrücklich danken. In den anstehenden Gesprächen mit unseren Mitarbeitern werden wir über Übernahmen an andere Standorte von WeylChem im Rhein-Main-Gebiet sprechen. In Höchst, Fechenheim und Wiesbaden haben wir eine Vielzahl offener Stellen, die wir mit Mitarbeitern aus Griesheim besetzen wollen. Es gilt deshalb im Rhein-Main-Gebiet ab sofort ein Einstellungsstopp für Bewerber ausserhalb der Gruppe,“ so Geschäftsführer Rafael Reiser.

Das Schwesterunternehmen Allessa wird in Griesheim die Chemieproduktion bereits im Juni einstellen und den Betrieb im Juli gereinigt übergeben. Dort konnten praktisch alle 37 Mitarbeiter an anderen Standorten der Gruppe übernommen werden.

WeylChem Griesheim übernahm Geschäft mit Spezial- und Feinchemikalien von Clariant und Höchst

WeylChem Griesheim stellt mit 134 Mitarbeitern, davon 21 Zeitarbeitnehmer, Chemikalien für den Pflanzenschutz her. Kunden aus der Chemieindustrie werden sowohl mehrstufige Syntheseverfahren wie eine individuelle Lohnfertigung angeboten. Die WeylChem-Gruppe wurde 2005 von der Frankfurter International Chemical Investors Group (ICIG) gegründet. In Griesheim hat sie 2007 das Geschäft mit Spezial- und Feinchemikalien von der Clariant übernommen, die es wiederum 1997 von der Höchst AG übernommen hatte. Die Allessa GmbH, seit 2013 ebenfalls Teil der WeylChem-Gruppe, betreibt in Griesheim derzeit noch eine Hydrieranlage mit 37 Mitarbeitern.

Neben Feinchemikalien für Agro-Chemikalien, Kosmetika und Pharma bietet die WeylChem-Gruppe Dienstleistungen und Produkte im Bereich Consumer Care für Hausreinigung oder Körperpflege an. In den USA und Europa werden etwa 1.800 Mitarbeiter beschäftigt, davon über die Hälfte im Rhein-Main-Gebiet an den Standorten Fechenheim, Griesheim, Höchst und Wiesbaden.

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