Die Bahn schlägt einen neuen Glyphosat-Kurs ein

Gleise ohne Glyphosat

02.09.2019 - Deutschland

(dpa) Die Deutsche Bahn will weniger Glyphosat einsetzen. Im vergangenen Jahr wurden noch 57 Tonnen des umstrittenen Unkrautvernichters entlang der Gleise versprüht. Nächstes Jahr soll es noch halb so viel sein, sagte ein Konzernsprecher der Deutschen Presse-Agentur. Stattdessen werde Unkraut stärker manuell beseitigt, um die Schienen frei zu halten.

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Symbolbild

«Auf weiten Teilen des Streckennetzes wird ab 2020 kein Glyphosat ausgebracht», kündigte die Bahn am Freitag an. Bislang sei 90 Prozent des Netzes einmal im Jahr mit Glyphosat behandelt worden, rund 63.000 Gleiskilometer. Ausgenommen davon seien Naturschutzgebiete und Brücken.

Die Bahn ist nach eigenen Angaben der größte Einzelabnehmer von Glyphosat in Deutschland, jedoch mit lediglich 0,4 Prozent der Gesamtmenge. Auch Landwirte und Gärtner setzen das Mittel ein.

Zuspruch bekam die Bahn von Umweltministerin Svenja Schulze (SPD). Doch die Bundesregierung ist beim Glyphosat-Ausstieg zerstritten. Zugleich heizt der Bahn-Vorstoß die Debatte um den Einsatz des Unkrautvernichters neu an.

Glyphosat ist in der EU bis 2022 zugelassen. Die Bahn sprach von einem Meilenstein auf dem Weg zum Ausstieg aus dem Herbizid. Auf welchen Strecken genau das Mittel nicht mehr verbreitet wird, steht noch nicht fest.

Der Konzern arbeitet an alternativen Methoden, die ähnlich wirksam sein sollen. Erprobt wird etwa, ob sich das Unkraut mit heißem Wasser, Strom oder UV-Licht beseitigen lässt. Experimentiert wurde auch schon mit Heißdampf, Mikrowellen und Hochfrequenzenergie - diese Methoden erwiesen sich aber als sehr zeit- und energieaufwendig.

Die WHO-Krebsforschungsagentur IARC hatte den Unkrautvernichter 2015 als «wahrscheinlich krebserregend» für Menschen eingestuft. Der Hersteller, die Bayer-Tochter Monsanto, widerspricht dem. Bei vorschriftsgemäßer Anwendung seien die Produkte ungefährlich.

Der Leverkusener Pharma- und Agrarchemiekonzern Bayer hat sich mit der Übernahme des US-Herstellers Monsanto viel Ärger eingehandelt: Der Dax-Konzern muss sich mit 18.400 Klägern herumschlagen - sie werfen Monsanto Gesundheitsschäden nach der Nutzung von Unkrautvernichtern mit dem umstrittenen Wirkstoff Glyphosat vor. Drei Prozesse hat Bayer bereits verloren und wurde dabei jeweils zu Schadenersatz im zweistelligen Millionen-Dollar-Bereich verurteilt.

Die Bahn hat den Glyphosat-Einsatz in den vergangenen Jahren bereits reduziert. «Die neue Strategie "Starke Schiene" hat den Umweltschutz im Fokus», hieß es bei dem Unternehmen. 2017 hatte die Bahn noch 67 Tonnen Glyphosat eingesetzt. Im vergangenen Jahr war es wegen der Dürre deutlich weniger. Laut Geschäftsbericht war es etwa ein Kilogramm pro Gleiskilometer.

Bundesumweltministerin Schulze (SPD) erklärte am Freitag: «Der Glyphosat-Ausstieg ist nicht nur möglich, er findet bereits statt - in vielen Kommunen und jetzt auch bei der Bahn.» Ein sparsamer und nachhaltiger Umgang mit Pflanzenschutzmitteln sei nötiger denn je. Das um sich greifende Artensterben bei Wildbienen, Schmetterlingen und Vögeln müsse gestoppt werden. Sie setze sich für einen gesetzlichen Glyphosat-Ausstieg ein. «Spätestens 2023 - wenn die derzeitige EU-Wirkstoffzulassung endet und gegebenenfalls zur Verlängerung ansteht - muss Glyphosat in Deutschland gesetzlich verboten sein.»

2017 hatten die EU-Staaten die Glyphosat-Zulassung bis Ende 2022 verlängert - Deutschland hatte zugestimmt, obwohl die Bundesregierung uneins war. Die große Koalition strebt einen schrittweisen Ausstieg spätestens bis 2023 an. Sie will voraussichtlich im September ein Konzept zum Umgang mit Glyphosat vorlegen. Zwischen den Ministerien von Schulze und Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner ist das Thema aber heftig umstritten. Österreich hat als erstes Land in der EU schon den Einsatz von Glyphosat verboten, auch wenn umstritten ist, ob dies mit dem EU-Recht vereinbar ist.

Die Opposition forderte mehr Tempo für einen Glyphosat-Ausstieg Deutschlands. Wenn die Bahn der Ankündigung Taten folgen lasse, müsse sich Klöckner ein Beispiel daran nehmen, erklärte der Grünen-Bundestagsabgeordnete Harald Ebner. «Von der Bundesregierung ist nach wie vor kein Schrittchen zum angekündigten Glyphosatausstieg erkennbar.»

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