Druck auf Regierung nach Brand in Chemiefabrik in Rouen
Es stinkt, regnet Ruß und hier und da finden sich auch Ölschlieren: Viele Bewohner sind sehr besorgt
(dpa) Der Brand in einer Chemie-Fabrik in Rouen setzt die französische Regierung unter Druck. Umweltministerin Elisabeth Borne muss sich am Mittwoch vor der Nationalversammlung erklären, ein Untersuchungsausschuss wird gefordert. Bei dem Feuer sind mehr als 5200 Tonnen Chemikalien verbrannt, wie aus einer von der Präfektur am Abend veröffentlichten Liste hervorgeht. Die Präfektur beschwichtigte die besorgten Anwohner unterdessen weiter. In der Luft gebe es kein Asbestrisiko, hieß es am Dienstag bei einer Pressekonferenz.
Nach dem Feuer in der Chemiefabrik am Donnerstag war eine gigantische Rauchsäule aufgestiegen. Anschließend fanden sich in der Region zahlreiche Rußspuren, Flüsse und Seen waren verschmutzt und in der Luft lag ein unangenehmer Geruch. Die Anwohner klagten über Übelkeit. Sie fürchten, dass die Rauchwolke gesundheitliche Folgen haben könnte. Die Präfektur betonte hingegen immer wieder, dass es kein Gesundheitsrisiko gebe. Der üble Geruch könnte unter anderem auf beschädigte Fässer und den Öl- und Schlammteppiche zurückgehen, die nach dem Brand entstanden sind, sagte der Präfekt Pierre-André Durand am Dienstag.
Gleichzeitig ist seit dem Feuer der Verkauf von in der Region erzeugter Milch und anderen landwirtschaftlichen Produkten untersagt. Es handle sich dabei um reine Vorsorge, erklärte Landwirtschaftsminister Didier Guillaume am Dienstag im Sender BFMTV. Er versprach den Landwirten eine Entschädigung. Anwohner und Verbände kritisieren auch die Kommunikation der Behörden. Seit Donnerstag sind mehrere Minister nach Rouen gekommen, um die Bürger und Landwirte zu beruhigen. Der Präfekt warnte unterdessen vor «Fake-News», die im Netz kursieren.
Unklar war lange Zeit, was genau in der Fabrik eigentlich verbrannt war. Eine entsprechende Liste wurde aus Sicherheitsgründen unter Verschluss gehalten - derart sensible Informationen sollen nicht in die Hände von Terroristen geraten. Verbände und Bürger drängten auf eine Veröffentlichung. Am Dienstagabend stellte die Präfektur die Dateien online. Von den verbrannten Chemikalien seien nicht alle gefährlich, hieß es dabei. Die Gefährlichkeit hänge etwa von der Menge ab oder davon, wie sie dem Feuer ausgesetzt waren.
Die Chemiefabrik in Rouen gehört in die sogenannte Seveso-Kategorie von gefährlichen Standorten, die besonders überwacht werden. Im italienischen Seveso bei Mailand war es 1976 zu einem verheerenden Chemieunfall gekommen.
Der Vorfall erinnert viele an die Kommunikation der französischen Regierung nach dem Reaktorunfall von Tschernobyl 1986. Sie erweckte damals den Eindruck, die giftige Wolke würde an der Grenze zu Frankreich Halt machen.
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