Ein 18-Karat-Nugget aus Plastik
ETH Zürich / Peter Rüegg
Liebhaber von Golduhren und schwerem Schmuck können sich freuen. Die Objekte ihrer Begierde dürften dereinst viel leichter werden und trotzdem edel glänzen. Gerade bei Armbanduhren ist ein geringes Gewicht entscheidend. Niemand mag eine schwere Uhr am Handgelenk tragen, selbst wenn sie aus echtem Gold besteht. Das ist auf die Dauer unangenehm und störend.
Die ehemalige ETH-Postdoktorandin Leonie van ‘t Hag im Labor von Raffaele Mezzenga, Professor für Lebensmittel und weiche Materialien, hat deshalb eine neue Form von Gold geschaffen, die fünf- bis zehnmal leichter ist als traditionelles 18-Karat-Gold. Dieses besteht üblicherweise zu drei Vierteln aus dem Element Gold und zu einem Viertel aus Kupfer. Seine Dichte liegt bei rund 15 g/cm3.
Nicht so das neue Leichtgold. Dessen Dichte beträgt nur 1,7 g/cm3. Trotzdem ist es 18-Karat-Gold. Der Grund für diese wundersame Leichtigkeit: Van’t Hag, Mezzenga und Kollegen verwendeten Proteinfasern und ein Latexpolymer anstelle eines metallenen Legierungspartners. Diese Fasern bilden die Matrix, in die plättchenartige Gold-Nanokristalle eingebettet sind. Zudem enthält das Leichtgold zahlreiche winzige Lufteinschlüsse, die von Auge nicht sichtbar sind.
Und hier ist das Rezept für die neue Leichtigkeit des Goldes: Die Forscher geben die Zutaten in Wasser und erzeugen eine Dispersion. Diese versetzen sie mit einem Salz und verwandeln dadurch die Dispersion in ein Gel, bei welchem sie in einem nächsten Schritt das Wasser durch Alkohol ersetzen.
In einer Druckkammer hohen Drücken und einer superkritischen CO2-Atmosphäre ausgesetzt, können sich der Alkohol und das Gas mischen. Sobald die Forscher den Druck entlasten verwandelt sich das Gemisch in ein gleichmässiges luftiges Aerogel. Anschliessend können die Kunststoffpolymere durch Wärmezufuhr ausgeglüht werden. Dadurch wandelt sich das Material erneut um und wird in die gewünschte endgültige Form verdichtet, wobei die 18-Karat-Zusammensetzung erhalten bleibt.
Eigenschaften eines Plastikwerkstücks
«Dieses Gold hat Materialeigenschaften eines Plastiks», sagt Mezzenga. Lässt man ein Stück davon auf eine harte Tischplatte fallen, klingt es wie Plastik. Es schimmert jedoch wie metallenes Gold, und lässt sich polieren und bearbeiten, um es in die richtige Form zu bringen. Die Forscher können auch die Härte des Materials einstellen, indem sie die Zusammensetzung des Goldes verändert. Anstelle von Latex ist auch möglich, andere Kunststoffe wie Polypropylen als Trägermaterial zu verwenden. Da sich Polypropylen bei einer spezifischen Temperatur verflüssigt, kann Plastikgold mit diesem Kunststoff das Schmelzen von Gold imitieren, aber bei viel tieferen Temperaturen. Durch die Wahl der Gold-Nanopartikel lässt sich ausserdem die Farbe ändern. Gold-Nanoplättchen ergeben den typischen Goldschimmer. Kugelige Gold-Nanopartikel verleihen dem Material einen violetten Farbton.
«Grundsätzlich können wir mit unserem Ansatz fast beliebige Arten von Plastikgold kreieren, je nachdem welche Eigenschaften gefragt sind», sagt Mezzenga.
Gold für Uhrenindustrie und Elektronik
Anwendungsgebiete für das Plastikgold sind laut dem ETH-Professor vor allem die Herstellung von Uhren und Schmuck. Es eignet sich aber auch für die chemische Katalyse, Elektronikanwendungen oder zur Abschirmung von radioaktiver Strahlung. Die Forscher haben auf das Verfahren und das Material ein Patent angemeldet.
Bereits vor einiger Zeit machten Wissenschaftler um Raffaele Mezzenga mit dem leichtesten Gold der Welt von sich reden. Dieses Gold war so leicht, dass es selbst auf Cappuccino-Schaum schwamm. «Das Material war allerdings zu wenig stabil und konnte nicht weiterverarbeitet werden. Dieses Mal hatten wir uns aber zum Ziel gesetzt, ein leichtes Gold zu schaffen, das in den meisten Anwendungen, wo heute Gold gebraucht wird, verwendet werden kann», betont Mezzenga.