Mysteriöser Mechanismus der Graphenoxidbildung aufgeklärt
Umfassender Überblick über die treibenden Kräfte der komplexen Prozesse, die bei der Umwandlung von Graphit in Graphenoxid ablaufen
Kazan Federal University
Naturgraphit, der als Vorläufer für die Herstellung von Graphenoxid verwendet wird, ist ein hoch geordnetes kristallines anorganisches Material, das vermutlich durch Zerfall organischer Materie gebildet wird. Es ist extrem thermodynamisch stabil und widerstandsfähig gegen die Umwandlung in das organisch-ähnliche metastabile Graphitoxid. Auf diesem Weg durchläuft es mehrere Umwandlungen, die zu entsprechenden Zwischenprodukten führen. Das erste Zwischenprodukt ist die Graphit-Interkalationsverbindung (GIC). GICs sind in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts intensiv untersucht worden. In den letzten Jahren erlangten sie durch die Entdeckung von Graphen und verwandten Materialien neues Interesse. Der zweite Schritt der komplexen Reaktion, d.h. die Umwandlung von GIC in reines Graphitoxid, blieb rätselhaft. Die interessanteste Frage war die nach der Art der Substanzen, die Kohlenstoffatome zur Bildung kovalenter C-O-Bindungen angreifen. Viele Jahre lang wurde konventionell angenommen, dass die angreifenden Substanzen die Manganderivate wie Mn2O7 oder MnO3+ sind. In dieser Studie haben die Autoren eindeutig nachgewiesen, dass die Manganderivate nicht einmal in Graphitgalerien eindringen; sie entziehen Graphen lediglich die Elektronendichte, aber die eigentliche Substanzen, die Kohlenstoffatome angreift, sind Wassermoleküle. Daher kann die Reaktion nicht unter völlig wasserfreien Bedingungen ablaufen und beschleunigt sich in Gegenwart geringer Wassermengen.
Eine weitere neue Erkenntnis, die von Ksenia Schuchina zum ersten Mal registriert wurde, war die imaginäre Reversibilität der C-O-Bindungsbildung, solange die Graphitprobe mit Schwefelsäure interkaliert bleibt. Die so gebildeten C-O-Bindungen können durch die Laserbestrahlung leicht gespalten werden, wodurch GO in den bestrahlten Bereichen der Graphitflocken wieder in GIC der Stufe 1 umgewandelt wird. Nach sorgfältiger Analyse wurde diese "Reversibilität" von den Autoren als Mobilität der C-O-Bindungen interpretiert, d.h. die Bindungen spalten sich nicht, sondern wandern frei entlang der Graphenebene für Abstände im Mikrometerbereich. Die entdeckten Phänomene und der vorgeschlagene Reaktionsmechanismus liefern die Begründung für eine Reihe der bekannten, aber noch wenig verstandenen experimentellen Beobachtungen in der Graphenchemie. Darunter ist die Existenz der oxidierten und graphenischen Domänen in der GO-Struktur.
Die Ergebnisse dieser grundlegenden Studie geben einen umfassenden Überblick über die treibenden Kräfte der komplexen Prozesse, die bei der Umwandlung von Graphit in Graphenoxid ablaufen. Es ist das erste Mal, dass eine derart facettenreiche Beschreibung eines dynamischen Systems vorgenommen wurde, und dies ist nicht nur das Ergebnis neu gewonnener experimenteller Daten, sondern auch der langjährigen Überlegungen des Projektleiters zu diesem Thema. Das Verständnis dieser Prozesse wird es schließlich erlauben, diese Reaktion zu kontrollieren und Produkte mit den gewünschten Eigenschaften zu erhalten. Dies gilt nicht nur für das Endprodukt von Graphenoxid, sondern auch für die gesamte Familie von Materialien, die man erhält, wenn Graphit sauren oxidierenden Mischungen ausgesetzt wird: expandierter Graphit, Graphen-Nano-Plättchen mit 3 bis 50 Graphenplatten, Graphit-Interkalate und dotiertes Graphen. Was Graphenoxid selbst betrifft, so wurde sein erfolgreicher Einsatz bereits wiederholt in Bereichen wie Verbundwerkstoffe, selektive Membranen, Katalyse, Lithium-Ionen-Batterien usw. nachgewiesen. Die Verwendung von Graphenoxid wird jedoch durch die hohen Kosten seiner Herstellung und die fehlende Kontrolle über die Eigenschaften des synthetisierten Produkts behindert. Die veröffentlichte Forschung befasst sich mit diesen beiden Problemen.
Gegenwärtig wird an der Untersuchung der Wechselwirkung von Graphenoxid mit Metallen gearbeitet. Die Forscher sind fest davon überzeugt, dass dieser Prozess nicht nur auf elektrostatischer Anziehung oder unspezifischer Adsorption beruht, wie allgemein angenommen wird, sondern auf einer chemischen Wechselwirkung mit der Bindungsbildung durch den Koordinationsmechanismus. Ziel ist es nun, den komplexen Reaktionsmechanismus der Umlagerungen zu beschreiben, der zu der Metallbindung in der dynamischen Struktur des Graphenoxids führt.
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