Strukturfarben aus Cellulose-Polymeren

Selbstorganisation von responsiven photonischen Biomaterialien in „flüssigen Murmeln“

01.09.2020 - Luxemburg

Klare Oberflächen erscheinen farbig, wenn winzige, regelmäßige Strukturelemente darin Licht reflektieren. Forscher haben jetzt eine Methode entwickelt, um derartige Strukturfarben aus einem cellulosebasierten Polymer herzustellen. Dafür verwendeten sie beschichtete Tröpfchen, die sich in anderen Flüssigkeiten halten können („Liquid Marbles“: flüssige Murmeln). Bei Veränderungen ihrer Umgebung wechselten die Tröpfchen ihre Farbe, was sie für biobasierte Sensoren und weiche photonische Elemente interessant macht, heißt es in der Studie in der Zeitschrift Angewandte Chemie.

© Wiley-VCH

Strukturfarben können ein Material ohne Farbstoff farbig machen. Stattdessen erzeugt ein vollkommen transparentes Material Farbe durch regelmäßig angeordnete Moleküle oder andere Strukturelemente, wie z.B. bei die wellenförmigen Strukturen, die Fisch- oder Schmetterlingshaut bunt schillern lassen oder die in definierten Abständen angeordneten Nanokristalle in der farbwechselnden Haut von Chamäleons.

Manos Anyfantakis und seine Kollegen von der Universität Luxemburg haben eine Möglichkeit gefunden, als solches Strukturelement für Strukturfarben die Ganghöhe von Polymeren – die Strecke einer vollen Helixdrehung – gezielt einzustellen. Solche farberzeugende Phasen – so genannte cholesterische Phasen – sind für flüssigkristalline Biopolymere bereits bekannt, aber ihre Herstellung hängt von vielen Parametern ab und benötigt bis zur Gleichgewichtseinstellung viel Zeit.

Anyfantakis und Lagerwall entdeckten nun, dass sich die Strukturfarbenphase von Biopolymeren in den flüssigen Murmeln von selbst einstellte und sich auch gut steuern ließ. Flüssige Murmeln sind millimetergroße Tröpfchen einer flüssigkristallinen Lösung, die mit Nanopartikeln beschichtet sind. Die Beschichtung schützt die Lösung vor der Vermischung mit der Flüssigkeit der Umgebung, lässt aber dennoch begrenzten Austausch zu.

In diesem Fall stellten die Wissenschaftler die flüssigen Murmeln aus einer wässrigen Lösung von Hydroxypropylcellulose her, einem Polymer auf Cellulosebasis. Die Beschichtung bestand aus Kieselsäure-Nanopartikeln. Diese flüssigen Murmeln waren zunächst farblos, aber bei längerem Stehenlassen in einem definierten Volumen eines organischen Lösungsmittels entwickelten sie leuchtende rote, grüne und blaue Farbtöne.

Die Farben entstanden durch eine Konzentrationsänderung in den Tröpfchen, so die Autoren. Das umgebene Lösungsmittel entzog den flüssigen Murmeln allmählich Wasser und drängte das Biopolymer dadurch in seine für die Strukturfarbe geeignete Kristallform. Die langsame, kontrollierte Extraktion sei entscheidend, betonen die Autoren, denn dies gebe den Polymermolekülen genügend Zeit, sich an die Konzentrationsänderung anzupassen und die neue Ganghöhe im Gleichgewicht einzustellen.

Die Methode sei elegant und einfach und die Farben seien gut über das Volumen des organischen Lösungsmittels zu steuern, schreiben die Wissenschaftler. Sie setzten die flüssigen Murmeln auch externen Reizen wie Wärme, Druck oder Chemikalien aus, was zu charakteristischen Farbverschiebungen entsprechend der veränderten Ganghöhe führte. Die Farbverschiebung ließ sich auch wieder rückgängig machen: Wieder unter den normalen Bedingungen kehrten die flüssigen Murmeln zu ihren ursprünglichen Farben zurück, beobachteten sie.

Die Autoren glauben, dass ihr System aus flüssigen Murmeln mit Biopolymeren den Zugang für kostengünstige, umweltfreundliche und nachhaltige Sensoren bieten könnte.

Originalveröffentlichung

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