Geschärfter Blick ins Innere von Halbleitern
Weiterentwickeltes hochauflösendes Bildgebungsverfahren bestimmt zerstörungsfrei und nanometergenau innere Strukturen in Materialien sowie ihre chemische Zusammensetzung
Jens Meyer (University of Jena)
Licht dringt in die Probe ein und wird an inneren Strukturen reflektiert
Ausgangspunkt für das Bildgebungsverfahren ist die sogenannte Optische Kohärenz-tomographie (OCT), wie sie seit einigen Jahren in der Augenmedizin etabliert ist, erläutert Doktorand Felix Wiesner, der Erstautor der vorgelegten Studie. „Diese Geräte sind entwickelt worden, um die Netzhaut im Auge nichtinvasiv Schicht für Schicht untersuchen zu können und so 3-dimensionale Abbildungen zu erstellen.“ Beim OCT beim Augenarzt wird die Netzhaut mit infrarotem Licht beleuchtet. Die Strahlung ist dabei so gewählt, dass sie vom zu untersuchenden Gewebe nicht zu stark absorbiert und an den inneren Strukturen reflektiert werden kann. Die Jenaer Physiker nutzen für ihr OCT statt langwelligem Infrarot- aber extrem kurzwelliges UV-Licht. „Das liegt an der Größe der Strukturen, die wir abbilden wollen“, sagt Felix Wiesner. Um in Halbleitermaterialien mit Strukturgrößen von wenigen Nanometern hineinschauen zu können, braucht es Licht mit einer Wellenlänge von ebenfalls nur wenigen Nanometern.
Nichtlinear optischer Effekt erzeugt kohärentes extrem kurzwelliges UV-Licht
Solch extrem kurzwelliges UV-Licht (XUV) zu erzeugen, war bislang eine Herausforderung und fast ausschließlich in Großforschungsanlagen möglich. Die Jenaer Physiker erzeugen breitbandiges XUV aber in einem gewöhnlichen Labor und nutzen dafür sogenannte Hohe Harmonische. Dabei handelt es sich um Strahlung, die durch Wechselwirkung von Laserlicht mit einem Medium entsteht und ein Vielfaches der Frequenz des ursprünglichen Lichtes aufweist. Je höher die Harmonischenordnung um so kürzer die resultierende Wellenlänge. „Wir erzeugen so mit infraroten Lasern Licht mit einer Wellenlänge zwischen 10 bis 80 Nanometern“, erklärt Prof. Dr. Gerhard Paulus. „Wie das eingestrahlte Laserlicht ist auch das resultierende breitbandige XUV-Licht kohärent, hat also laserartige Eigenschaften“, macht der Professor für Nichtlineare Optik der Uni Jena deutlich.
In der nun veröffentlichten Arbeit haben die Physiker nanoskopische Schichtstrukturen in Silizium mit der kohärenten XUV-Strahlung beleuchtet und das reflektierte Licht analysiert. Die Siliziumproben enthielten in unterschiedlicher Tiefe dünne Schichten anderer Metalle wie Titan oder Silber. Da diese Materialien andere Reflexionseigenschaften aufweisen als das Silizium lassen sich diese in der reflektierten Strahlung nachweisen. Die Methode ist dabei so empfindlich, dass damit nicht nur nanometergenau die Tiefenstruktur der winzigen Proben abgebildet werden kann, sondern – über das unterschiedliche Reflexionsverhalten – auch die chemische Zusammensetzung der Proben exakt und vor allem zerstörungsfrei bestimmt werden kann. „Das macht eine Anwendung der Kohärenz-Tomographie zur Inspektion von Halbleitern, Solarzellen oder mehrschichtigen optischen Bauelementen interessant“, unterstreicht Paulus. Sie ließe sich zur Qualitätskontrolle im Herstellungsprozess solcher Nanomaterialien einsetzen, um interne Defekte oder chemische Verunreinigungen aufzuspüren.