„Regenbogen-Grafiken sind schön, aber für die Wissenschaft nicht geeignet“
Forscher zeigen verzerrte Darstellung und Wahrnehmung von wissenschaftlichen Ergebnissen mit farbenfrohen Grafiken auf – und schlagen Alternativen vor
Michael Stölzle
Cyan und Gelb stechen heraus
Das Forschungsteam überprüfte Abbildungen aus eintausend Artikeln naturwissenschaftlicher Journals wie Nature Communications, Nature Scientific Reports oder Hydrology and Earth System Science. Dabei zeigten rund 24 Prozent der Artikel Grafiken mit einer Regenbogen-Farbskala. Die Abbildungen enthalten alle Farbabstufungen von Blau zu Grün über Gelb bis hin zu unterschiedlichen Rottönen. „In den Visualisierungen stechen dabei Farben wie Gelb und Cyan deutlich heraus, auch wenn diese nur einen kleinen Bereich der Datenvariabilität repräsentieren“, erklärt Michael Stölzle. „Wenn weitaus größere Datenbereiche durch Grün-, Blau- und Rottöne repräsentiert werden, lassen sich deren Abstufungen aber kaum differenzieren – für die Wissenschaft sind Regenbogen-Grafiken also nicht geeignet“. Durch die Nicht-Linearität der Anordnung der Farbtöne in der Skala und die weiten Blau- und Rot-Bereiche entstünden Verzerrungen zwischen Wahrnehmung und tatsächlicher Datenvielfalt. „Ein weiteres Problem ist, dass die Menschen mit Farbenfehlsichtigkeit vergessen werden. In manchen Regionen der Welt leben bis zu zehn Prozent der männlichen Bevölkerung mit einer Farbenfehlsichtigkeit, zum Beispiel mit der Rot-Grün-Blindheit. Sie können die Skala gar nicht erst entschlüsseln“, sagt Stölzle. In ihrer Arbeit stellen die Forschenden daher einen 4-Punkte-Plan vor, um die Verwendung von Farbpaletten in wissenschaftlichen Abbildungen zu verbessern. Unter anderem raten sie dazu, sich von Schwarz-Weiß-Abbildungen inspirieren zu lassen und Onlinetools wie Farbfilter zu nutzen, um die Wirkung der Bilder für Menschen mit Farbsehschwäche zu testen.
Handlungsbedarf bei Journals, Editoren und Reviewern
Die farbenfrohen Abbildungen sind kein neues Problem. Die Studie zeigt für die analysierten Zeitschriften, dass Publikationen mit Regenbogen-Farbskalen bereits seit vielen Jahren gerne eingesetzt wurden und ihre Verwendung seitdem leicht ansteigt. „Gerade jüngere Wissenschaftler*innen greifen die Farbskala wieder auf, auch, weil ihnen eine irreführende Korrektheit in Visualisierungen bisheriger Publikationen suggeriert wurde.“ Stölzle sieht aber nicht nur bei Forschenden Handlungsbedarf. Schlussendlich würden vor allem die Journals, Editoren und Reviewer an einem Strang ziehen müssen, um die Verwendung der Farbskalen in Publikationen zu unterbinden.
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